Ost-West-Konflikt, der nach dem Zweiten Weltkrieg über Jahrzehnte andauernde Gegensatz zwischen den westlichen Staaten unter Führung der USA und den Ostblockstaaten unter Führung der Sowjetunion, der die Weltpolitik bestimmte.
Ideologische Gegensätze
Die Staaten des freien Westens mit dem Militärbündnis NATO und die Ostblockstaaten mit dem Militärbündnis Warschauer Pakt unterschieden sich in vielerlei Hinsicht. Das Verhältnis war geprägt von Misstrauen und Feindschaft.
Die westlichen Staaten waren Demokratien mit Gewaltenteilung, einem Mehrparteiensystem und der Garantie von Grund- und Menschenrechten. Sie waren pluralistische bürgerliche Gesellschaften, in denen die Rechte des Individuums grundsätzlich vor Eingriffen des Staates geschützt sind. Ihr Wirtschaftssystem waren freie oder soziale Marktwirtschaften.
Die Staaten des Warschauer Pakts waren geprägt von zentralistischen Einheitsparteien, von denen die Macht ausging. Es waren sozialistische oder kommunistische „Arbeiter- und Bauernstaaten“, die die persönlichen Freiheiten zugunsten des Gemeinwohls beschnitten. Ihr Wirtschaftssystem waren zentral organisierte Planwirtschaften.
NATO-Flagge
Vorgeschichte und Kalter Krieg
Während des Zweiten Weltkriegs hatten die USA, Großbritannien, die Sowjetunion und Frankreich in der Anti-Hitler-Koalition als Alliierte gegen das nationalsozialistische Deutschland gekämpft. Doch bereits gegen Ende des Kriegs zeichnete sich eine Gegnerschaft zwischen der sozialistischen Sowjetunion und den Westalliierten ab.
Die Anti-Hitler-Koalition zwischen den Weltmächten USA und UdSSR zerbrach 1946/47 aufgrund der Auseinandersetzungen um eine gemeinsame Besatzungspolitik in Deutschland nach den Ergebnissen der Potsdamer Konferenz mit Währungsreform und Berlinblockade 1948 sowie der Gründung zweier deutscher Staaten 1949. Hinzu kamen der kommunistischen Umsturz in der Tschechoslowakei und der kommunistische Aufstand in Griechenland.
Die Sowjetunion unter Führung von Josef Stalin und seinem Regime des Stalinismus weitete seinen Macht- und Herrschaftsbereich aus und stand den USA unter Präsident Harry S. Truman (*1884, †1972, 33. Präsident der USA von 1945 bis 1953) gegenüber. Mit amerikanischer Hilfe (Marshallplan) stand der Wiederaufbau Westeuropas im Vordergrund.
Militärisch gründeten die westlichen Staaten die NATO (1949), die Ostblockstaaten den Warschauer Pakt (1955). Die USA waren bereits seit 1945 im Besitz von Atomwaffen, die sie auch in Japan einsetzte. 1949 wurde auch die Sowjetunion Atommacht. Diese erste Phase des Ost-West-Konflikts bis zum Koreakrieg (1950 bis 1953) wurde auch als Kalter Krieg bezeichnet.
Verfestigung bis zur Kubakrise
Der Ost-West-Konflikt verfestigte sich weiter bis zur Kubakrise 1962. Die Staaten, die sich in der NATO und im Warschauer Pakt gegenüberstanden, waren konventionell und atomar hoch gerüstet. Während das „Gleichgewicht des Schreckens“ eine direkte militärische Auseinandersetzung in einem Atomkrieg verhinderte, kam es in anderen Teilen der Erde zu Stellvertreterkriegen. Dazu zählten vor allem der Koreakrieg (1950 bis 1953) und der Vietnamkrieg (1946 bis 1975).
Zuvor kam es im Herrschaftsbereich der Sowjetunion zu Aufständen, die mit Waffengewalt niedergeschlagen wurden: der Arbeiteraufstand in der DDR 1953 und der Volksaufstand in Ungarn 1956.
Hinzu kam der Sputnikschock von 1957: Der Start des Satelliten Sputnik und die erste bemannte Raumfahrt 1961 deuteten eine Überlegenheit der sowjetischen Raketentechnik an. Dies konnte die USA nicht akzeptieren. In der Folge verschärfte sich der Rüstungswettlauf zwischen den beiden Supermächten.
Der weiteren Abgrenzung zwischen Ost und West diente auch der Bau der Berliner Mauer 1961, die den Eisernen Vorhang zwischen den beiden deutschen Staaten in den Jahren danach fast unüberwindbar machte.
Schließlich entwickelte sich 1962 mit der Kubakrise eine direkte Konfrontation zwischen USA und Sowjetunion. Die Welt schien kurz vor einem dritten Weltkrieg zu stehen.
Mauerbau und Kubakrise verdeutlichten, dass kein Machtblock gewillt war, die bestehenden Machtverhältnisse grundlegend zu verändern. Doch mit der Beilegung der Kubakrise begann ein militärisches und auch politisches Umdenken zur Vermeidung eines Atomkriegs.
Etappen der Entspannung
Nach 1962 traten die beiden Supermächte mit ihren Militärbündnissen NATO und Warschauer Pakt in Abrüstungsverhandlungen ein. Unter Aufrechterhaltung des ideologischen Gegensatzes entwickelte sich trotz Rückschlägen die Entspannungspolitik. Das „Gleichgewicht des Schreckens“ beruhte auf gegenseitiger Abschreckung durch Atomwaffen. Die neue Entspannungspolitik zielte auf eine friedliche Koexistenz der beiden Militärblöcke. NATO und Warschauer Pakt näherten sich einander an.
Die USA und die Sowjetunion beschlossen 1963 als Konsequenz der Kubakrise die Einstellung von Atomwaffenversuchen sowie die Errichtung einer ständigen Telefonleitung zwischen dem Moskauer Kreml und dem Weißen Haus in Washington für den Fall eines drohenden Konflikts („heißer Draht“).
Weitere Etappen der Entspannungspolitik waren unter anderem der Atomwaffensperrvertrag (1970), das SALT-Abkommen zur Begrenzung der atomaren Langstreckenwaffen (1972) sowie die Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE). Hinzu kam aus deutscher Perspektive die neue Ostpolitik unter Bundeskanzler Willy Brandt (*1913, †1992, Bundeskanzler von 1969 bis 1974).
Rückschläge der Entspannungsbemühungen waren unter anderem die Niederschlagung des Prager Frühlings (1968), der Afghanistankrieg der Sowjetunion (1979 bis 1988) und die Niederschlagung der Gewerkschaft Solidarność in Polen (1980/1981).
Schritte zur Überwindung des Ost-West-Konflikts
Die Steigerung des sowjetischen Atomwaffenpotenzials sowie der sowjetische Einmarsch in Afghanistan (1979) führten bei der NATO zu Nachrüstungsbeschlüssen. Der NATO-Doppelbeschluss von 1979 war allerdings mit Vorschlägen zur Abrüstung verbunden.
Wesentliche Impulse zur Überwindung des Ost-West-Konflikts gingen in den 1980er-Jahren von der Sowjetunion aus. Die Sowjetunion unter Michail Gorbatschow (*1931, Generalsekretär der KPdSU von 1985 bis 1991 und Staatspräsident der Sowjetunion 1990/91) reagierte mit seinem Reformprogramm aus „Glasnost“ („Offenheit“) und „Perestroika“ („Umbau“) auf wirtschaftliche Probleme und suchte die Annäherung an den Westen (Perestroika und Glasnost). Seine Abrüstungsvorschläge förderten die Verhandlungsbereitschaft. Gorbatschow und dem amerikanischen Präsidenten Ronald Reagan (*1911, †2004, 40. Präsident der USA von 1981 bis 1989) gelang unter anderem 1987 der Abschluss einer Vereinbarung über den Abbau aller atomaren Mittelstreckenraketen. Unter Gorbatschow gelang auch der Abzug sowjetischer Truppen aus Afghanistan.
Gorbatschows Reformpolitik im Sinne einer Erneuerung der sowjetischen Gesellschaft scheiterte jedoch und löste stattdessen den Zerfall des Ostblocks und der UdSSR aus. Die Bürgerbewegungen in den kommunistischen Staaten Europas erstarkten. Dies führte schließlich zum Zusammenbruch des sowjetischen Herrschaftssystems von 1989 bis 1991 in Polen, Ungarn, der DDR, der Tschechoslowakei, Bulgarien, Rumänien und Albanien. Auch die Sowjetunion löste sich auf. Ehemalige Sowjetrepubliken erklärten ihre Unabhängigkeit.
Mit der Wiedervereinigung Deutschlands auf der völkerrechtlichen Basis des Zwei-plus-Vier-Vertrags von 1990 sowie der nicht mehr aufzuhaltenden Auflösung des Warschauer Pakts und des Rats für gegenseitige Wirtschaftshilfe 1991 konnte der Ost-West-Konflikt überwunden werden.
In der Charta von Paris vom 21.11.1990 zur Schaffung einer neuen Friedensordnung in Europa erklärten die Teilnehmer der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (32 europäische Staaten, die Europäische Gemeinschaft, die USA und Kanada) den Ost-West-Konflikt für beendet.
Wiederkehr des Ost-West-Konflikts
Mit dem Wiedererstarken Russlands unter Wladimir Putin (*1952, Präsident Russlands von 1999 bis 2008 und seit 2012, Ministerpräsident 1999/2000 und 2008 bis 2012) kam es in jüngerer Zeit zu einer Wiederkehr des Ost-West-Konflikts. Ausgelöst wurde dies auch durch die Osterweiterung von NATO und Europäischer Union, verstärkt durch die militärische Intervention Russlands in der Ost-Ukraine sowie der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim, die zur Verhängung von Wirtschaftssanktionen gegen Russland führte, aber nicht zur militärischen Konfrontation.
Hinzu kam im Zusammenhang mit dem Kampf gegen den internationalen Terrorismus nach dem Elften September 2001 die militärische Einmischung Russlands in den syrischen Bürgerkrieg aufseiten des syrischen Machthabers seit 2015, während die USA und andere NATO-Staaten verschiedenen Rebellengruppen auch im Kampf gegen die Terroristen des „Islamischen Staats“ auf irakischem und syrischem Gebiet unterstützten.