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Bundesrepublik Deutschland, der 1949 auf dem Boden des ehemaligen Deutschen Reichs entstandene Staat, der die drei Besatzungszonen der westlichen Siegermächte USA, Großbritannien und Frankreich umfasste.

Staatsgründung

Bereits kurz nach dem Zweiten Weltkrieg wurden politische Parteien gegründet bzw. wiedergegründet, am 11.6.1945 die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) in Berlin; es folgten die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) und die Christlich Demokratische Union (CDU) bzw. in Bayern die Christlich Soziale Union (CSU). Die Liberalen der Westzonen gründen 1948 die überregionale Freie Demokratische Partei (FDP).

Am 19.9.1945 wurden durch Proklamation der US-Regierung die Länder Bayern, Hessen und Württemberg-Baden gebildet. In der britischen Zone entstand im November 1946 das Land Niedersachsen. Durch den Marshallplan und die Währungsreform hatten sich die Westzonen wirtschaftlich den westlichen Besatzungsmächten angepasst.

Die Militärgouverneure in den Westzonen beauftragten am 1.7.1948 die Ministerpräsidenten der Bundesländer, eine verfassunggebende Versammlung einzuberufen. Zur Ausarbeitung dieser Verfassung wurde 1948 der Parlamentarische Rat gebildet.

Der Begriff „Verfassung“ sollte durch Grundgesetz ersetzt werden solle, weil einer späteren gesamtdeutschen Verfassung, die auch für die Menschen in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) gelten sollte, nicht vorgegriffen werden sollte. Am 8.5.1949 verabschiedete der Parlamentarische Rat das Grundgesetz, am 23.5.1949 wurde das Grundgesetz verkündet, am 24.5.1949 trat es in Kraft. Damit existierte auf dem Boden der drei Westzonen ein deutscher Staat. Der 23. Mai ist seither Verfassungstag.

Am 14.8.1949 fanden Wahlen zum ersten Deutschen Bundestag statt. Am 12.9.1949 wählte die Bundesversammlung als ersten Bundespräsidenten den FDP-Politiker Theodor Heuss (*1884, †1963, Bundespräsident von 1949 bis 1959). Am 15.9.1949 wählte der Bundestag den CDU-Politiker Konrad Adenauer zum ersten Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland. Er stand an der Spitze einer Koalitionsregierung aus CDU/CSU, FDP und Deutsche Partei (DP).

Wirtschaftliche Entwicklung

Die Bundesrepublik erhielt wie andere Staaten, entsprechend dem 1947 entworfenen Europäischen Wiederaufbauprogramm (Marshallplan), Sachlieferungen und Kredite zum Aufbau ihrer Wirtschaft. Der Marshallplan diente dem Wiederaufbau Westeuropas und war Teil der amerikanischen „Containment-Politik“ (Politik der Eindämmung), die sich gegen die Ausbreitung des Kommunismus durch die Sowjetunion wandte.

Wesentlicher Faktor für den raschen Aufbau einer sozialen Marktwirtschaft, in der der Staat nur begrenzt in die Wirtschaft eingreift und gleichzeitig sozial Schwache unterstützt, war neben dem Marshallplan die Währungsreform: 1948 löste die Deutsche Mark („D-­Mark“, DM) die alte Reichsmark ab. Bis zur Einführung der neuen Währung drohte eine Inflation infolge der nationalsozialistischen Kriegswirtschaft. Aus Angst vor einer Geldentwertung wurden Waren auf dem Schwarzmarkt getauscht.

Die Bundesrepublik entwickelte sich zu einem der wirtschaftlich stärksten Länder der Welt. Den schnellen Aufschwung empfanden viele Bürger als Wirtschaftswunder. Schließlich entstand sogar ein Arbeitskräftemangel. In den 1960er ­Jahren wurden verstärkt „Gastarbeiter“ angeworben (z. B. aus Italien, Spanien, Portugal, später aus der Türkei). Die Erdölkrise 1973 beendete das Wirtschaftswunder. Die Arbeitslosigkeit wurde ein wirtschaftliches und gesellschaftliches Problem.

Innenpolitische Entwicklung

Von Anfang an bestand eine weitgehende Identifikation der Bevölkerung mit dem Staat. Die Bürger bekannten sich zu Demokratie und Rechtsstaat und genossen einen vergleichsweise hohen Lebensstandard.

Am 5.5.1955 trat die Bundesrepublik der dem Militärbündnis NATO bei und begann mit Erlaubnis der Westalliierten mit der Wiederbewaffnung und dem Aufbau der Bundeswehr. Die Bundeswehr gehörte nun zu einem Verteidigungssystem, das den im Warschauer Pakt organisierten Ländern und der DDR feindlich gegenüberstand.

Das Saargebiet wurde nach einer Volksabstimmung zum 1.1.1957 elftes Bundesland. 1963 löste Ludwig Erhard (*1897, †1977, Wirtschaftsminister von 1949 bis 1963, Bundeskanzler von 1963 bis 1966) von der CDU Konrad Adenauer nach 14 Jahren als Bundeskanzler ab.

Von 1966 bis 1969 regierte eine Große Koalition aus CDU und SPD unter Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger (*1904, †1988) von der CDU.

Ab 1966 entstanden Studentenproteste gegen die Große Koalition. Als der Bundestag für die Notstandsgesetze stimmt, kommt es zu großen Protesten. Vor allem Studenten wehren sich dagegen, dass der Staat im Krisenfall mehr Macht bekommt und Grundrechte eingeschränkt werden können. Auch richten sich die Proteste der außerparlamentarischen Opposition (APO) gegen den Krieg der USA in Vietnam (Vietnamkrieg) und allgemein gegen das „Establishment“. Vertretern der bürgerlichen Gesellschaft wurde unter anderem vorgeworfen, sich nicht bzw. nicht ausreichend mit der Vergangenheit in der Zeit des Nationalsozialismus und Zweiten Weltkriegs auseinanderzusetzen und nach den ersten Ausschwitzprozessen (1963 bis 1965) Lehren aus dieser Zeit zu ziehen.

Aus der Protestbewegung erwuchs auch eine gewaltbereite Splittergruppe, die Rote Armee Fraktion (RAF), die mit Entführungen, Attentaten und Morden zeitweise den inneren Frieden gefährdete.

Die SPD/FDP-Koalition unter Bundeskanzler Willy Brandt von der SPD (*1913, †1992, Bundeskanzler von 1969 bis 1974) löste 1969 die seit 1949 regierende CDU an der Spitze der Bundesregierung ab. In Deutschland kam es zu einer politisch-gesellschaftlichen Aufbruchsstimmung. Der Satz von Brandt „Mehr Demokratie wagen“ wurde legendär.

Am 27.4.1972 scheiterte ein konstruktives Misstrauensvotum der Opposition von CDU/CSU gegen Bundeskanzler Willy Brandt. Bei den Bundestagswahlen am 19.11.1972 wurde das sozialliberale Regierungsbündnis bestätigt. Die SPD wurde erstmals stärkste Partei.

1974 trat Willy Brandt als Bundeskanzler zurück. Offizielle Begründung war die Guillaume-Affäre. Der Stasi gelang die Platzierung eines Agenten als persönlicher Referent des Bundeskanzlers. Der SPD-Politiker Helmut Schmidt (*1918, †2015, Bundeskanzler von 1974 bis 1982) wurde Brandts Nachfolger.

1982 kam es nach 13 Jahren SPD-geführter Bundesregierungen zu einem Regierungswechsel. Die christlich-liberale Koalition aus CDU/CSU und FDP unter dem CDU-Politiker Helmut Kohl (*1930, Bundeskanzler von 1982 bis 1998) löste nach einem erfolgreichen konstruktiven Misstrauensvotum Bundeskanzler Schmidt ab. Damit begann eine 16-jährige Kanzlerschaft Kohls, die bis in die Zeit nach der Wiedervereinigung andauerte.

Verhältnis beider deutscher Staaten

Der erste Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU, 1949 bis 1963), verfolgte eine Westintegration der Bundesrepublik auf gesellschaftlicher, politischer und wirtschaftlicher Ebene. Er glaubte, dass das im Grundgesetz verankerte Ziel der Wiedervereinigung beider deutscher Staaten nur mithilfe wirtschaftlicher und militärischer Stärke des Westens erreichbar sei. Die unter Adenauer vorangetriebene Westintegration der Bundesrepublik etwa durch den Beitritt zum Militärbündnis NATO und zu Vorläuferorganisationen der Europäischen Union sowie seine Aussöhnungspolitik mit Frankreich unter Staatspräsident Charles de Gaulle (*1890, †1970) verstärkte allerdings den Gegensatz zur DDR. Es verfestigte sich ein feindliches Klima zwischen der Bundesrepublik und den osteuropäischen Staaten sowie der DDR.

Die Bundesregierung von SPD und FDP (1969 – 1974) unter Bundeskanzler Willy Brandt von der SPD (*1913, †1992) leitete eine „neue Ostpolitik“ ein. Auch die USA näherten sich den sozialistischen Supermächten Sowjetunion und China an. 1970 kam es zu deutsch-deutsche Begegnungen zwischen Willy Brandt und DDR-Ministerpräsident Willi Stoph (*1914, †1999) in Erfurt (März) und Kassel (Mai).

Im Rahmen der Ostpolitik wurden folgende Verträge, in denen Unverletzlichkeit der bestehenden Grenzen, Gleichberechtigung der jeweiligen Staaten, Verzicht auf Gewalt und ihre Androhung, Achtung der Menschenrechte vereinbart wurden, geschlossen: Moskauer Vertrag 1970 mit der UdSSR, Warschauer Vertrag 1970 mit Polen, Grundlagenvertrag 1972 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR.

Der Reiseverkehr zwischen beiden deutschen Staaten nahm zu. Obwohl es weiterhin Verhaftungen gab, gewannen Bürgerrechtsbewegungen in der DDR einen gewissen Schutz vor der Willkür des Staates, weil sich DDR­-Bürgerrechtler und die Regierung der Bundesrepublik auf die Vereinbarungen berufen konnten.

1989 führte nach der Ost- und Entspannungspolitik trotz zwischenzeitlicher „Abkühlung“ (z.B. NATO-Doppelbeschluss) schließlich die friedliche Revolution in der DDR im Zusammenhang mit der Reformpolitik Michail Gorbatschows (*1931, Generalsekretär der KPdSU von 1985 bis 1991 und Staatspräsident der Sowjetunion 1990/91) in der Sowjetunion zum Zusammenbruch der SED-­Herrschaft und ebnete den Weg zur Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten.

Das wiedervereinigte Deutschland

Nach dem Staatsvertrag über die Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion vom 1.7.1990, dem Zwei-plus-Vier-Vertrag vom 12.9.1990 sowie dem Einigungsvertrag vom 3.10.1990 mit dem Beitritt der DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland standen Staat, Wirtschaft und Gesellschaft im wiedervereinigten Deutschland vor immensen Herausforderungen.

Nach den ersten gesamtdeutschen Bundestagswahlen am 2.12.1990 konnte Bundeskanzler Helmut Kohl die christlich-liberale Regierungskoalition zunächst fortsetzen. Durch den Zusammenbruch des Ostblocks brach auch die DDR-Wirtschaft zusammen. So gehörte zu den Hauptaufgaben der Bundesregierung die Angleichung der Lebensverhältnisse zwischen Ost und West, die Bewältigung der wirtschaftlichen Probleme in den Neuen Bundesländern, die Überwindung der wirtschaftlichen Rezession mit hoher Arbeitslosigkeit sowie die Bekämpfung des Rechtsextremismus.

Zwar sprach Bundeskanzler Kohl von bald entstehenden „blühenden Landschaften“ in den neuen Bundesländern, doch zunächst verschärfte sich die wirtschaftliche und soziale Situation trotz Milliardensummen, die für den Aufbau Ost zur Verfügung gestellt wurden. Besonders umstritten war die Privatisierung der ostdeutschen Betriebe durch die Treuhandanstalt.

Erfolgreicher war Bundeskanzler Kohl in der Außenpolitik. Hier konnte er wichtige Impulse für die europäische Integration setzen, insbesondere mit dem Maastricht Vertrag zur Schaffung der Europäischen Union und der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion mit der Gemeinschaftswährung Euro.

1998 kam es zum Regierungswechsel: Nach 16 Jahren wurde die christlich-liberale Koalition unter Helmut Kohl abgewählt. Neuer Bundeskanzler wurde der SPD-Politiker Gerhard Schröder (*1944, von 1990 bis 1998 niedersächsischer Ministerpräsident, von 1999 bis 2004 Vorsitzender der SPD) an der Spitze einer Koalition aus SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Die rot-grüne Regierung bemühte sich um Reformen in der Innen-, Wirtschafts- und Sozialpolitik und setzte umweltpolitische Akzente (z. B. Ökosteuer, Ausstieg aus der Atomenergie) neben einer Weiterführung des Aufbaus der neuen Bundesländer.

Nach einem Beschluss des Bundestags 1999 nahmen deutsche Soldaten unter dem Oberbefehl der NATO am Militäreinsatz im Kosovo teil. Dies war der erste deutsche Militäreinsatz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Deutsche Soldaten standen in den folgenden Jahren in Afghanistan, Kuwait, im Kosovo, in Bosnien und Mazedonien und am Horn von Afrika im Einsatz.

Besonders umstritten in der SPD war das sozial- und arbeitsmarktpolitische Reformprogramm Agenda 2010 unter anderem mit Liberalisierungen auf dem Arbeitsmarkt, der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zum Arbeitslosengeld II („Hartz IV“). Damit sollte auch die hohe Arbeitslosigkeit bekämpft werden.

Zu einem Wechsel im Amt des Bundeskanzlers kam es 2005, als nach vorgezogenen Bundestagswahlen die CDU-Politikerin Angela Merkel (*1954, von 1991 bis 1994 Bundesministerin für Frauen und Jugend, von 1994 bis 1998 Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, seit 2000 Bundesvorsitzende der CDU) Gerhard Schröder ablöste. Angela Merkel regierte von 2005 bis 2009 an der Spitze einer Großen Koalition aus CDU/CSU und SPD, von 2009 bis 2013 an der Spitze einer Koalition aus CDU/CSU und FDP und von 2013 bis 2017 wieder an der Spitze einer Großen Koalition.

Die Kanzlerschaft Merkels war geprägt durch weitere wirtschafts- und sozialpolitische Reformvorhaben, besonders aber von der Bekämpfung der internationalen Finanzkrise und der europäischen Schuldenkrise seit 2007 sowie der Krise der Europäischen Union. Aufsehenerregend waren auch die Aussetzung der Wehrpflicht sowie der endgültige Ausstieg aus der Atomenergie nach dem Reaktorunfall in Fukushima 2011 und die Einleitung der Energiewende.

Gefordert war Merkel als Regierungschefin des wirtschaftlich stärksten EU-Staates auch auf der internationalen politischen Bühne bei den Konflikten in Afghanistan, dem Irak, in der Ukraine, in Syrien, der Auseinandersetzung mit Russland sowie im Kampf gegen den internationalen Terrorismus und – innen- wie außenpolitisch – der Flüchtlings- und Asylpolitik.


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