Europäische Integration, alle Bemühungen, die nationalstaatliche Zersplitterung in Europa zu überwinden, die mit zum Ersten und Zweiten Weltkrieg geführt hatten, und eine Neuordnung in Frieden und Zusammenarbeit zu erreichen. Eine Zusammenarbeit europäischer Staaten sollte ein Gegengewicht zu den Weltmächten USA, Sowjetunion bzw. Russland und Großbritannien bzw. dem Britischen Empire bilden.
Der Europagedanke und die ersten Umsetzung
Beim Europagedanken ging es also einerseits um ein Gleichgewicht europäischer Mächte und andererseits um eine Rechts- und Friedensgemeinschaft. Beides wurde dem Nationalismus und Imperialismus entgegengesetzt.
Der französische Premierminister Aristide Briand (*1862, †1932) machte 1929 vor der Versammlung des Völkerbunds den Vorschlag, nach den Erfahrungen des Ersten Weltkriegs Europa zu einen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg verlangte am 19.9.1946 der britische Premierminister Winston Churchill (*1874, †1965) die Gründung der Vereinigten Staaten von Europa.
Am 16.4.1948 kommt es zur Gründung der Organisation für europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit (OEEC), um den Marshallplan umzusetzen. Aus der OEEC entwickelte sich später die internationale Organisation der westlichen Industrieländer, die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).
Der Koordinierungsausschuss für die europäische Einheit berief im Mai 1948 den Kongress von Den Haag ein. In seiner Resolution forderte der Kongress ein geeintes demokratisches Europa und die Schaffung des Europarats. Am 5.5.1949 wurde in London der Europarat gegründet. Angesichts des Kalten Krieges war dies jahrzehntelang eine westeuropäische Organisation.
Der französische Außenminister Robert Schuman schlug 1950 die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS, Montanunion) vor. Die EGKS begründete den ersten gemeinsamen Markt für die damaligen Schlüsselindustrien und war für die Bundesrepublik Deutschland ein wichtiger Schritt zur Eingliederung in Europa. Am 18.4.1951 wurde der Pariser Vertrag zur Gründung der EGKS zwischen Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien sowie den Benelux-Staaten Belgien, Niederlande und Luxemburg unterzeichnet.
Parallel zum Schumanplan wurde von Frankreich 1950 auch die Schaffung einer europäischen Armee vorgeschlagen. Dies war als Ergänzung zum 1949 gegründeten Militärbündnis NATO gedacht und führte 1952 zur beabsichtigten Gründung einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (EVG) durch die sechs Staaten („Die Sechs“), die auch die Montanunion gegründet hatten. Aufgrund der Ablehnung Frankreichs kam die EVG allerdings nicht zustande. Um dennoch die Bundesrepublik Deutschland politisch und militärisch einzubinden (Westintegration), wurde sie 1954 Mitglied der Westeuropäischen Union (WEU), des europäischen Pfeilers der NATO, und über diesen Weg 1955 auch NATO-Mitglied.
Von den Römischen Verträgen zur Einheitlichen Europäischen Akte
In den Römischen Verträgen vom 25.3.1957 einigten sich „Die Sechs“ mit der Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) auf die Schaffung eines gemeinsamen Markts sowie auf die Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft (EAG, Euratom) zur friedlichen Nutzung der Kernenergie.
Ein weiterer Schritt der europäischen Integration war der Fusionsvertrag vom 1.7.1967, mit dem die Montanunion, die EWG und Euratom in der Europäischen Gemeinschaft (EG) zusammengefasst wurden. Zu den ursprünglichen Zielen wie der Schaffung eines gemeinsamen Markts kamen nach und nach neue Aufgaben hinzu, etwa in der Umwelt-, Sozial-, Forschungs- und Technologiepolitik. Großen Raum nahm von Beginn an auch die Gemeinsame Agrarpolitik ein, die sich wegen ihrer finanziellen Belastung des EG-Haushalts als zunehmend umstrittener entwickelte.
Ende 1969 trafen sich die Staats- und Regierungschefs der EG (Europäischer Rat) in Den Haag. Die Themen waren Vollendung des Binnenmarktes, Vertiefung der Integration und Erweiterung der EG. Sie fassten Beschlüsse zur beschleunigten Integration, zur stufenweisen Einführung der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (EWWU) bis 1980 und zur politischen Zusammenarbeit.
Bis 1977 wurde ein einheitliches Zollgebiet geschaffen (Zollunion). Der Europäische Rat beschloss 1978 in Bremen die Gründung des Europäischen Währungssystems (EWS) und der Europäischen Währungseinheit als Schritt zu einer Währungsunion. Das EWS verband seit 1979 die Währungen der EG-Staaten untereinander.
Vom 7. bis 10.6.1979 fanden die ersten und unmittelbaren Wahlen zum Europäischen Parlament (Europawahlen) in den inzwischen neun EG-Mitgliedsstaaten (1973 waren Dänemark, Großbritannien und Irland beigetreten) statt.
Nach der Süderweiterung der EU mit dem Beitritt Griechenlands (1981) sowie Spaniens und Portugals (1986) wurde mit der am 1.7.1987 in Kraft getretenen Einheitlichen Europäischen Akte (EEA) der nächste Schritt vollzogen: Die Mitspracherechte des Europäischen Parlaments wurden gestärkt, die Europäische Politische Zusammenarbeit in das EG-Vertragswerk aufgenommen und eine gemeinsame europäische Außenpolitik angestrebt.
Wirtschaftlicher und politischer Aufbruch durch die Europäische Union
Nach den Umbrüchen in der Sowjetunion und Osteuropa, der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 (mit dem Vollzug der deutschen Einheit wurden die fünf ostdeutschen Bundesländer zugleich Teil der EG), dem Ende des Rats für gegenseitige Wirtschaftshilfe und des Warschauer Pakts der Ostblockstaaten 1991 erfuhr die europäische Integration einen ungeahnten Schub.
Durch den Ende 1991 durch den Europäischen Rat beschlossenen, am 7.2.1992 in Maastricht unterzeichneten und am 1.11.1993 in Kraft getretenen Vertrag über die Europäische Union (Maastricht-Vertrag) wurden weitgehende Änderungen der EG-Verträge vereinbart: die vollständige Schaffung einer Europäischen Wirtschafts- und Wahrungsunion mit gemeinsamen Binnenmarkt und einer gemeinsamen Währung, der schrittweise Aufbau einer politischen Union und die Reform der europäischen Institutionen.
Die Bezeichnung EG wurde durch die Bezeichnung Europäische Union abgelöst. Die EU sollte auf drei Säulen stehen: den bestehenden Europäischen Gemeinschaften (EWG, EGKS, Euratom), der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik sowie der Zusammenarbeit im Bereich Inneres und Justiz.