Direkt zum Inhalt

Was bedeutet Lesen im Lateinunterricht?

Es ist noch gar nicht so lange her, da hat man im Lateinunterricht ganz selbstverständlich Latein gesprochen – so wie heute im Englischunterricht Englisch gesprochen wird. Im „modernen“ Lateinunterricht wird aber nicht mehr auf Latein gesprochen. Schüler hören Latein in der Regel nur, wenn vor der Übersetzung ein Satz oder der ganze Text laut vorgelesen wird.
Dennoch hilft es beim Lesen und Übersetzen, ja in jedem Bereich der Textarbeit im Lateinunterricht, gewisse Regeln zur Aussprache und zur Betonung lateinischer Sätze zu kennen. Zwar können diese Regeln mit Land und Region variieren, im Großen und Ganzen sind sie jedoch identisch. 

Im Folgenden findest du eine Übersicht über die wichtigen Themen rund ums Lesen in Latein.

Lesen – die beliebtesten Themen

Was muss man beim Lesen in Latein beachten?

Es gibt unterschiedliche Aspekte, die man beim Lesen im Lateinunterricht beachten muss:

Buchstaben

  1. Längen und Kürzen von Vokalen:
    Im Vokabelverzeichnis befinden sich manchmal Striche über den Vokalen (Selbstlauten), z. B. bei amīca – die Freundin. Solch ein Strich (Makron) über einem Vokal zeigt an, dass der Vokal lang ausgesprochen wird.
  2. Aussprache einzelner Buchstaben:
    Das s wird immer scharf ausgesprochen (wie im deutschen Wort bist, nicht wie in summen), Diphthonge werden je nach Region unterschiedlich gesprochen: ae und oe können z. B. wie ai und oi (puellae = „puellai“) oder wie ä und ö (puellae = „puellä“) klingen.

Hilfreiche weitere Hinweise und Aufgaben zum Üben erhältst du im Lernweg zur Aussprache.

Betonung von Wörtern

Die Betonung auf Wortebene hängt von der Silbenzahl und den Vokallängen ab: é-quus, a-mí-ca, bár-ba-rus.

Weitere Erklärungen und Übungen zur Betonung findest du im Lernweg zur Betonung.

Sätze

Wenn man sich in der Dichtung mit ganzen Sätzen und Versen beschäftigt, stößt man bald auf das lateinische Wort für Lied und Gedicht: carmen. Zwar wurden Gedichte in der Antike häufig von der Leier begleitet, aber die eigentliche Verbindung besteht im Klang: in den langen und kurzen Silben. Lateinische Gedichte reimen sich nämlich nicht, sondern folgen bestimmten Mustern von langen und kurzen Silben: Sie haben einen Rhythmus (Metrum). Damit dieser Rhythmus beim Sprechen eingehalten werden konnte, wurden z. B. manchmal Buchstaben oder Silben am Ende eines Wortes verschluckt. Die berühmte Gedichtzeile Odi et amo. Quare id faciam fortasse requiris liest man laut mit folgenden Auslassungen (Elisionen): „Od' et amo. Quar' id faciam fortasse requiris.“

Den Rhythmus eines Gedichts zu untersuchen, ist Teil jeder sprachlichen Analyse, die in den höheren Klassen ein Grundbaustein des Lateinunterrichts ist.

Wieso hilft das Vorlesen vor der Klassenarbeit?

Im Lateinischen gibt es Wörter, die gleich aussehen, aber nicht gleich ausgesprochen werden. Nehmen wir an, dies sei ein Satz in der Klassenarbeit: Malum mihi placet. Im Schriftbild ist dieser Satz doppeldeutig. Liest der Lehrer ihn aber vor, kann man hören, ob das a in malum lang oder kurz gesprochen wird. Und das macht einen großen Unterschied: Mālus mihi placet. – Mir gefällt der Apfel. Mălus mihi placet. – Mir gefällt das Böse.

Aber nicht nur sogenannte „Teekesselchen“ lassen sich durch lautes Vorlesen unterscheiden: Dasselbe gilt für Kasusendungen, die auf den ersten Blick gleich aussehen, z. B. der Nominativ und der Ablativ Singular der a-Deklination: amica. Ein kurzes Endungs-a (amīca) bedeutet, dass das Substantiv im Nominativ steht, ein langes Endungs-a signalisiert dir, dass das Substantiv im Ablativ steht. Da es in der lateinischen Sprache viel um Kongruenz geht, kann es also sehr hilfreich sein, wenn man von der Aussprache auf den Kasus schließen kann.