Soziale Frage, zusammenfassender Begriff für die vielfältigen Probleme , die sich aufgrund der zahlreichen Veränderungen durch die industrielle Revolution und die Industrialisierung an der jahrhundertealten Lebensweise der Bevölkerung ergaben, und ihre konkreten Lösungen.
Bevölkerungsentwicklung
Zu den großen Problemen der Bevölkerung zählten Verstädterung, Wohnungssituation, Ernährungslage, Arbeitsbedingungen, Frauen- und Kinderarbeit, Massenelend.
Hinzu kamen die Auswirkungen einer Bevölkerungsexplosion. Zwischen 1816 und 1864 nahm in Deutschland die Bevölkerungszahl um rund 15 Millionen und damit um etwa zwei Drittel zu. Zu den Ursachen gehörten neue Erkenntnisse in der Medizin, Verbesserungen in der landwirtschaftlichen Bearbeitung, Aufhebung von Heiratsbeschränkungen.
Massenelend in der Industriegesellschaft
Neben den wirtschaftlichen Veränderungen der industriellen Revolution kam es zu gewaltigen gesellschaftlichen und sozialen Veränderungen. Mit dem Wirtschaftssystem des Kapitalismus entstand vor allem in den Städten eine neue Schicht, die „Klasse“ der Lohnarbeiter oder Arbeiterklasse.
Die Lebensbedingungen der Arbeiter und ihrer Familien waren zum Teil geprägt von Arbeitszeiten bis zu 13 Stunden an 6 Tagen, vergleichsweise großen Risiken, einem Arbeitsunfall zum Opfer zu fallen, katastrophalen Wohnverhältnissen, Kinderarbeit. Der Alltag war geprägt von Krankheiten wie Tuberkulose. Infolge einer Krankheit oder eines Arbeitsunfalls arbeitsunfähig zu werden, konnte schnell zu Armut und Obdachlosigkeit führen.
Es entstand eine soziale Kluft zwischen Fabrikbesitzern und lohnabhängigen Arbeitern: Zeitweise sanken die Löhne wegen eines Überangebots an Arbeitskräften. Infolge von Missernten wuchs die soziale Not. 1845 bis 1847 kam es zu Hungernöten. Zeitweise entstanden auch soziale Unruhen wie der Weberaufstand. Zwischen 1820 und 1913 wanderten fast 6 Millionen Menschen in die USA aus (Migration).
Trotz der Probleme und Spannungen ermöglichte die Industrialisierung insgesamt aber ein Wachsen des Lebensstandards auch der Arbeiter.
Lösungsansätze
Aus unterschiedlichen Motiven versuchten Unternehmer wie Alfred Krupp, Kirchenvertreter wie Adolf Kolping und die Arbeiterbewegung Lösungen für die soziale Frage zu finden. Mit der Bildung von Gewerkschaften und Arbeiterparteien entstand die Arbeiterbewegung, die gesellschaftliche und politische Mitbestimmung forderte. Die Arbeiter beriefen sich auf die Lehre von Karl Marx und Friedrich Engels (*1820, †1895), den Sozialismus.
Otto von Bismarcks Sozialgesetzgebung seit 1883 mit der Schaffung eines sozialen Sicherungssystems kann als erste systematische staatliche Sozialpolitik gegen die negativen Auswirkungen des Kapitalismus angesehen werden.