Gewerkschaften, freiwillige Organisationen von Arbeitnehmern zur Vertretung ihrer sozialen und wirtschaftlichen Interessen. Die Bezeichnung Gewerkschaft leitet sich von den Gewerken her, den Bergwerksgenossenschaften des Mittelalters.
Entwicklung im 19. Jahrhundert
Mit dem Aufkommen des industriellen Fabriksystems im Zeitalter der industriellen Revolution und Industrialisierung sowie einer zahlenmäßig starken Arbeiterklasse setzte im 19. Jahrhundert eine Entwicklung ein, die über Arbeitervereine und Berufsfachverbände zur modernen Industriegewerkschaft führte. Die Tätigkeit der Gewerkschaften als Teil der Arbeiterbewegung wurde anfänglich stark behindert.
Streiks waren in den 1840er- und 1850er-Jahren in allen deutschen Staaten verboten und wurden mit Gefängnisstrafe geahndet. Mitte der 1860er-Jahre begann eine Streikwelle, die zwischen 1869 und 1873 ihren Höhepunkt erreichte. 1869 mussten im Norddeutschen Bund die staatlichen Behörden offiziell das Streikverbot aufheben und Gewerkschaften zulassen. 1873 gelang es den Buchdruckern, den ersten Tarifvertrag abzuschließen, in dem unter anderem der Zehnstundentag eingeführt wurde.
1878 wurden mit den Sozialistengesetzen die Gewerkschaftsorganisationen verboten. Am großen Bergarbeiterstreik 1889 beteiligten sich mehr als 80.000 Streikende im Ruhrgebiet, im Saarland und in Schlesien.
In Deutschland verfolgten die 1890 in der Generalkommission zusammengefassten freien Gewerkschaften in enger Anlehnung an die Sozialdemokratie sozialistische Ziele über eine schrittweise Veränderung der Arbeitsbedingungen und der gesellschaftlichen Machtverhältnisse. 1892 fand der erste deutsche Gewerkschaftskongress statt. Die Generalkommission nannte sich ab 1919 Allgemeiner Deutscher Gewerkschaftsbund (ADGB).
Eine Verbesserung der Arbeitsverhältnisse und mehr soziale Gerechtigkeit innerhalb des bestehenden Systems strebten auch die aus katholischen und evangelischen Arbeitervereinen entstandenen christlichen Gewerkschaften an, die der Zentrumspartei nahestanden. 1894 wird der Gewerkverein christlicher Bergarbeiter, der ersten christlichen Gewerkschaft in Deutschland, gegründet.
Die Aufhebung des Koalitionsverbots ließ die Gewerkschaften bald zu Großorganisationen mit vielen Tausenden von Mitgliedern anwachsen. Ihre Anerkennung als Vertretung der Arbeitnehmerschaft erreichten sie in Deutschland jedoch erst während des Ersten Weltkriegs und besonders 1918 nach der Novemberrevolution durch die Gründung der »Zentralarbeitsgemeinschaft der industriellen und gewerblichen Arbeitgeber und Arbeitnehmer Deutschlands«. Den Gewerkschaften konnten den Achtstundentag und die Anerkennung von Kollektivvereinbarungen über Arbeitsbedingungen(Tarifverträge) sowie die Einführung von Betriebsräten durchsetzen.