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Bei der Parameterschätzung werden Schätzwerte für unbekannte statistische (bzw. stochastische) Parameter wie Erwartungswert \(E(X) = \mu\) und Varianz \(\sigma ^2\)  der Verteilungsfunktion einer Zufallsvariablen X aus einer Stichprobe mit Mittelwert \( \overline{x}\) und Stichprobenvarianz \(s^2\) abgeleitet. Eine mathematische Abbildung, die jeder Stichprobe vom Umfang n aus einer Grundgesamtheit einen Schätzwert für einen bestimmten Parameter der Grundgesamtheit zuordnet, heißt Schätzfunktion für diesen Parameter.

 

Schätzen eines unbekannten Erwartungswertes \(\mu\)

Sind die Zufallsvariablen X1, X2, …, Xn Stichprobenvariable zu X, so gilt:

E(X1) =  E(X2) = … = E(Xn) = E(X) = \(\mu\)

 \(\sigma ^2 ( X_1 ) = \sigma ^2 ( X_2 ) = ... = \sigma ^2 ( X_n ) = \sigma ^2 (X) = \sigma ^2\) .

Also hat das Stichprobenmittel \(\displaystyle \overline{X} = \frac{1}{n} (X_1 + ... + X_n )\) den Erwartungswert \(E (\overline{X} ) = \mu\) und die Varianz \(\displaystyle \sigma ^2 (\overline{X} ) = \frac{1}{n} \cdot \sigma ^2\) .

Für \(\overline{X}\) gilt die Ungleichung von Tschebyschew (s. Ungleichungen von Tschebyschew):

\(\displaystyle P ( |\overline{X} - E (\overline{X})| > a ) < \frac{\sigma ^2 (\overline{X})}{a^2} \quad \Leftrightarrow \quad P ( |\overline{X} - \mu| > a ) < \frac{\sigma ^2}{n \cdot a^2} \quad (a > 0)\).

Die Wahrscheinlichkeit, dass das Stichprobenmittel \(\overline{X}\) Werte annimmt, die um mehr als eine vorgegebene, positive Zahl a von \(\mu\) abweichen, geht also mit wachsendem n gegen null. Deshalb eignet sich in einer Stichprobe vom Umfang n der Mittelwert (s. Lagemaße\(\displaystyle \overline{x} = \frac{1}{n} \sum_{i=1}^n x_i = \frac{1}{n} ( x_1 + ... x_n )\) als Schätzwert für den Erwartungswert \(\mu\).

Beispiel:

  \(X\) sei eine normalverteilte, standardisierte Zufallsgröße (also mit \(\mu = 0,\ \sigma = 1\)) und es sei n = 4. Dann gilt für \(\overline{X}\) :

\(E ( \overline{X} ) = \mu = 0\) \(,\) \(\displaystyle \sigma ^2 ( \overline{X} ) = \frac{1}{4} \sigma ^2 = 0,25\)  und  \(\displaystyle \sigma ( \overline{X} ) = \frac{1}{2} \sigma = 0,5\)

Das Stichprobenmittel \(\overline{X}\) streut also weniger als X, wie die folgende Abbildung zeigt:

 

Schätzen einer unbekannten Varianz \(\sigma^2\)

Als Schätzwert für die Varianz \(\sigma^2\) einer Zufallsgröße X nimmt man aus einer Stichprobe vom Umfang \(n\) den Wert

\(\displaystyle s^2 = \frac{1}{n - 1} \cdot \sum_{i=1}^n ( x_i - \overline{x} )^2\) .

Achtung:  Man verwendet hier die sog. korrigierte Stichprobenvarianz mit „n – 1“ im Nenner und nicht „n“. Dies hängt damit zusammen, dass der Mittelwert der Grundgesamtheit, also \(\mu\), in der Regel nicht bekannt ist und auch schon durch \(\bar x\) geschätzt wird. Eine tiefere Diskussion dieses Sachverhalts sprengt den Rahmen der Schulmathematik, wichtig ist nur, sich zu merken: Varianzschätzen mit „n – 1“!

 

Beispiel:

Bei 10 Bremstests erhält man folgende Bremswege in Metern: 45,3;  46,6;  48,1;  44,9;  45,6;  47,7;  46,8;  47,2;  45,3;  46,5.

\(\displaystyle \mu \approx \overline{x} = \frac{1}{10} \cdot (45,3 + 46,6 + 48,1 + \ldots + 47,2 + 45,3 + 46,5) = 46,4\)

\(\displaystyle \sigma ^2 \approx s^2 = \frac{1}{9} \cdot \left[ (45,3 - 46,4)^2 + \ldots + (46,5 - 46,4 )^2 \right] \approx 1,2\)

 

Schlagworte

  • #Parameterschätzung
  • #Erwartungswert
  • #Varianz
  • #Stochastik
  • #Verteilung