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Definition

Unter „Modalverb“ versteht man ein Verb mit einer Modus-ähnlichen Bedeutung, das gewöhnlich ein untergeordnetes Verb zu sich nehmen muss, das die eigentliche Bedeutung trägt. 

 

 

Funktionsweise und Beispiele

 

(1)  Das Modalverb übernimmt die Satzkonstruktion und Verbform des untergeordneten Verbs (d.h. die das untergeordnete Verb hätte, wenn es ohne Modalverb stände); das untergeordnete Verb steht im Infinitiv in der Konstruktion Infinitiv mit übernommenem Subjekt. Diese Konstruktionsweise existiert im Lateinischen wie im Deutschen.

Ein Satz ohne Modalverb kann z.B. lauten:
(a)  Hodiē servus in forō equum comparat. 
      Heute kauft der Sklave auf dem Markt ein Pferd.
Der Satz besagt, dass das Ereignis tatsächlich geschehen ist, was dem Modus Indikativ entspricht.

Wenn gesagt werden soll, dass das Ereignis nur gewünscht ist, kann das Lateinische den Konjunktiv in Wunsch-Funktion anwenden:
(b)  Hodiē servus in forō equum comparet
      Heute kaufe der Sklave auf dem Markt ein Pferd!
      (= Heute möge/soll der Sklave auf dem Markt ein Pferd kaufen!)

Der Wunsch kann statt durch den Konjunktiv auch durch das Modalverb dēbēre sollen/müssen ausgedrückt werden:
(c)  Hodiē servus in forō equum comparāre dēbet. 
      Heute soll/muss der Sklave auf dem Markt ein Pferd kaufen.
Im Vergleich zu Satz (a) hat das Modalverb dēbēre die Form des eigentlichen Verbs comparat angenommen: dēbet, während das eigentliche Verb in den Infinitiv getreten ist: comparāre. Der Rest des Satzes bleibt unverändert.

Das Modalverb dēbēre hat also ein ähnliche Funktion wie der Modus Konjunktiv. Der genaue Unterschied besteht darin, dass in (b) der Sprecher des Satzes derjenige ist, der den Wunsch äußert, während in (c) der Wünschende unbestimmt ist.

Das Modalverb velle wollen drückt ebenfalls eine Wunschfunktion aus, doch hierbei ist der Wünschende mit dem Subjekt des Satzes identisch (beim Konjunktiv nur in der 1.Person Singular möglich):
(d)  Hodiē servus in forō equum comparāre vult. 
      Heute will der Sklave auf dem Markt ein Pferd kaufen.

Eine konjunktivähnliche Funktion kann auch durch das Modalverb posse können ausgedrückt werden:
(e)  Hodiē servus in forō equum comparāre potest. 
      Heute kann der Sklave auf dem Markt ein Pferd kaufen.
Der Unterschied zum potentialen Konjunktiv besteht darin, dass letzterer eine verminderte Wahrscheinlichkeit oder eine Vermutung („vielleicht, wohl, es kann sein“) ausdrückt, während posse die Fähigkeit oder die Ermöglichung durch äußere Umstände bezeichnet.

 

(2)  Das Modalverb steht in der 3.Person Singular und übernimmt nur das Tempus des untergeordneten Verbs (d.h. das Tempus, das das untergeordnete Verb hätte, wenn es ohne Modalverb stände); das untergeordnete Verb steht im Infinitiv in der Konstruktion ACI. Der ACI ist Subjekt zum Modalverb. Diese Konstruktionsweise existiert im Deutschen nicht, wir gebrauchen stattdessen entweder einen dass-Satz oder eine Konstruktion wie in (1). Z.B.:
(f)  Hodiē servum in forō equum comparāre oportet. 
      Es ist nötig, dass der Sklave heute auf dem Markt ein Pferd kauft.
      = Heute soll/muss der Sklave auf dem Markt ein Pferd kaufen.

 

(3)  Wie in (2) steht das Modalverb in der 3.Person Singular und übernimmt nur das Tempus des untergeordneten Verbs, d.h. das Tempus, das das untergeordnete Verb hätte, wenn es ohne Modalverb stände; das untergeordnete Verb steht im Infinitiv in der Konstruktion Infinitiv mit übernommenem Subjekt; das Subjekt des untergeordenten Verbs wird zum Dativobjekt des Modalverbs. Im Deutschen steht die gleiche Konstruktion oder ein Konstruktion wie in (1).
(g)  Hodiē servō in forō equum comparāre licet. 
      Dem Sklaven ist erlaubt, heute auf dem Markt ein Pferd zu kaufen.
      = Heute darf der Sklave auf dem Markt ein Pferd kaufen.

 

(4)  Das Modalverb steht in der 3.Person Singular Indikativ Präsens, das untergeordnete Verb steht im Konjunktiv im ut-Satz und behält ansonsten Form und Satzkonstruktion bei. Im Deutschen steht ein dass-Satz oder eine Konstruktion wie in (1). Z.B.:
(h)  Potest, ut hodiē servus in forō equum comparet. 
      Es kann sein, dass der Sklave heute auf dem Markt ein Pferd kauft.
      = Heute kann der Sklave auf dem Markt ein Pferd kaufen.
      (Statt potest kann auch fierī potest stehen, doch dann hängt der ut-Satz von fierī ab.)
Dies entspricht der Bedeutung des potentialen Konjunktivs:
(i)  Hodiē servus in forō equum comparet/comparāverit. (Kjv.Präs./Kjv.Pf.)


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