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Andere Bezeichnung:  Wirklichkeitsform

 

Über das Wort „Indikativ“

Genus, Betonung:  der Indikativ
Plural:  die Indikative
Abkürzung:  Ind.
Herkunft:  von lat. modus indicātīvus Aussagemodus (von indicāre anzeigen, aussagen)

 

Definition

Der „Indikativ“ ist ein Modus. Unter „Indikativ“ versteht man eine Kategorie der Konjugation, die anzeigt, dass der Sprecher den Inhalt seiner Aussage als eine der Wirklichkeit entsprechende Tatsache auffasst.

Beachte:  Die Definition gibt nur die Funktion an, die den Indikativ zum Indikativ macht! Eine Zusammenstellung aller seiner Funktionen findest du unten.

 

Funktionen

(1)  Wirklichkeit
Wie im Deutschen behauptet der Sprecher durch die Verwendung des Indikativs, dass der im Satz formulierte Sachverhalt mit der Wirklichkeit übereinstimmt. Der Sachverhalt kann der Gegenwart, der Vergangenheit oder der Zukunft angehören.
• Gegenwart, z.B.:
  ÷ Gallia est omnis dīvīsa in partēs trēs.
     Gallien ist als Ganzes in drei Teile geteilt.
• Vergangenheit, z.B.:
  ÷ Apud Helvētiōs longē nōbilissimus fuit et dītissimus Orgetorīx.
     Bei den Helvetiern war Orgetorix bei Weitem der Vornehmste und Reichste.
• Zukunft, z.B.:
  ÷ Hic diēs dē nostrā contrōversiā virtūtis iūdicābit.
     Dieser Tag wird in unserem Wettstreit um die Tapferkeit entscheiden.

(2)  Futur: Absicht, Aufforderung
Da eine Behauptung über die Zukunft meist nicht das tatsächliche Eintreten des Sachverhalts garantieren kann, ist das lateinische (wie auch das deutsche) Futur oft im Sinne einer Absicht („Ich werde...“ = „Ich will...“) oder in selteneren Fällen als Aufforderung („Du wirst...“ = „Du sollst...“) gebraucht. Genaueres findest du unter Futur.

(3)  Deutscher Konjunktiv statt lateinischem Indikativ

(a)  Verschobener Irrealis im Deutschen
Im Deutschen muss bei einem irrealen Infinitiv die Irrealität (= Nichtwirklichkeit) vom übergeordneten Verb angezeigt werden, da der Infinitiv selber keine Formen zum Ausdruck der Irrealität bilden kann. Im Lateinischen bleibt in solchen Fällen die Irrealität unausgedrückt. Hier muss also lateinischer Indikativ mit deutschem Konjunktiv übersetzt werden. Z.B.:
÷ Multōs possum bonōs virōs nōmināre.
   Ich könnte viele tüchtige Männer nennen.
   = Ich kann nennen > das Können ist real,
   daher lateinisch possum ich kann = Indikativ;
   ich nenne aber trotzdem nicht > das Nennen ist irreal,
   dies wird im Deutschen durch das irreale „könnte“ ausgedrückt.
÷ Melius fuit proelium vītāre.
   Es wäre besser gewesen, den Kampf zu vermeiden.
   = Es war (real) die bessere Möglichkeit, den Kampf zu vermeiden,
   aber man hat den Kampf doch nicht vermieden (irreal).

(b)  Das lateinische paene fast drückt in Verbindung mit dem Indikativ die Irrealität aus. Im Deutschen wird hier der irreale Konjunktiv benötigt. Z.B.:
÷ Paene vīcī.
   Ich hätte fast gesiegt.