Direkt zum Inhalt
Nationalstaat, Begriff, der im 19. Jahrhundert im Anschluss an die Französische Revolution und die Befreiungskriege gegen die Herrschaft Napoleons in Europa zunehmend an Bedeutung gewann. Nationalstaat verbindet die Elemente Staat und Nation.

Kennzeichen eines Staates

Drei Elemente kennzeichnen einen Staat: Staatsgewalt, Staatsvolk und Staatsgebiet. Je nach Verfassung kann die Staatsgewalt wie in der Monarchie bei einem Einzelnen, bei einer besonderen Gruppe (z.B. Adel in der Aristokratie) oder wie in einer Demokratie beim Volk liegen (Volkssouveränität). In der Französischen Revolution sollte das Herrschertum des Absolutismus überwunden und die Staatsgewalt dem Volk als oberster Souverän zugesprochen werden. Dies war auch verbunden mit der Forderung nach Menschen- und Bürgerrechten für jeden.
Das Staatsvolk setzt sich aus den der jeweiligen Staatsgewalt unterworfenen Menschen (Bürger) zusammen. Staatsgebiet ist das durch Grenzen gegenüber anderen Staaten bezeichnete Territorium, in dem die Staatsgewalt ausgeübt wird. 
Der Gedanke einer Nation
In nachnapoleonischer Zeit und den Verwüstungen und staatlichen Zersplitterung in Europa durch viele Kriege verlangten immer mehr Menschen nach politischer Selbstständigkeit, nach Verfassungen und der Garantie von Menschen- und Bürgerrechten. 
Die Forderungen waren unterfüttert mit dem Verweis auf eine gemeinsame Geschichte, Tradition, Kultur und Sprache. Der Begriff Nation bedeutet „das Geborenwerden“ oder auch Volk bzw. Volksstamm und zielt auf die gemeinsame Identität der in einem Staat lebenden Menschen. Hinzu kommt das wachsende Selbstbewusstsein der Menschen gegenüber einem absolutistischen Obrigkeitsstaat.

Entwicklung in Deutschland

Besonders in Deutschland mit sehr vielen „Kleinstaaten“ neben den Großmächten Preußen und Österreich gewann die Forderung nach einer staatlichen Einheit, nach einem Nationalstaat an Bedeutung. Sie wurde sowohl durch die Gedanken der Französischen Revolution und der Aufklärung als auch durch den Liberalismus befördert. 
Dies führte zur Deutschen Revolution 1848/1849 und zur Frankfurter Nationalversammlung. Beides scheiterte nicht zuletzt an der durch den Wiener Kongress eingeläuteten Restauration, die auf die Wiederherstellung der alten Ordnung mit absolutistischen Königen zielte. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich in Deutschland, besonders in Preußen, ein moderner Verfassungsstaat mit konstitutioneller Monarchie. Dies führte 1871 zur Gründung des Deutschen Kaiserreichs. Im Nationalstaat wurden allerdings die demokratischen, „revolutionären“ Strömungen zunehmend zurückgedrängt zugunsten eines auf Vorherrschaft zielenden Nationalismus.

Staatsgründungen in Europa

Der Gedanke eines Nationalstaates führte im 19. Jahrhundert zu Staatsgründungen, die meist gewaltsam gegen die alte Ordnung durchgesetzt werden mussten.
In Griechenland begann 1821 der griechische Freiheitskampf gegen die Türkenherrschaft. Im Januar 1822 proklamierte der Nationalkongress von Epidaurus die Unabhängigkeit Griechenlands. Aus allen europäischen Ländern meldeten sich Freiwillige für den griechischen Freiheitskampf. Nach der Unterstützung der europäischen Großmächte für die Griechen erkannte die Türkei 1829 deren Unabhängigkeit an. 1830 wurde Griechenland ein selbstständiges Königreich.
Belgien: Die Belgier erklärten im November 1830 die Unabhängigkeit ihres Landes vom Vereinigten Königreich der Niederlande. Die europäischen Großmächte garantierten dem neuen Staat im Londoner Protokoll (1831) die Selbstständigkeit.
Italien: Nach dem gescheiterten Versuch seines Vaters, König Albert I. von Sardinien-Piemont, im Revolutionsjahr 1848 den Österreichern die Lombardei und Venetien zu entreißen und Italien zu einigen, setzte sich Viktor Emanuel II. (*1820, †1878, von 1849 bis 1861 König von Sardinien-Piemont) an die Spitze der Einigungsbewegung (Risorgimento). Im Einigungskrieg 1859 kam die Lombardei zu Sardinien. Volksaufstände führten zum Anschluss Mittelitaliens. Im Süden des Landes wird unter Führung des Freiheitshelden Giuseppe Garibaldi (*1807, †1882) das französische Herrscherhaus vertrieben. 1861 gelang die Schaffung eines Nationalstaats. Viktor Emanuel II. wurde König von Italien. 1870 besetzten italienische Truppen Rom und machen es zur neuen Hauptstadt.
Polen: Wenig glücklich verlief der Versuch der Polen, ihre staatliche Einheit und Unabhängigkeit zu erlangen. 1830 wurde ein Aufstand von russischen und preußischen Armeen niedergeschlagen. Der Aufstand 1863 endete in einer Katastrophe. Es folgten die Unterdrückung der Unruhen und die Hinrichtung der nationalen Führer.

Schlagworte

  • #Nationalstaat
  • #Geschichte
  • #Die französische Revolution
  • #Das lange 19. Jahrhundert
  • #Von der Industrialisierung zum ersten Weltkrieg