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Frankfurter Nationalversammlung, in der Paulskirche in Frankfurt am Main vom 18.5.1848 bis März 1849 tagendes deutsches Parlament.

Vorparlament und Wahl

Vom 31.3. bis 3.4.1848 tagte ein Vorparlament in der Frankfurter Paulskirche mit 574 Teilnehmern. Die Vertreter waren nicht gewählt, sondern Abgesandte, die einem Aufruf folgten, der am 5. März von insgesamt 51 Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens in Heidelberg unterzeichnet wurde. Darin war eine Versammlung von gewählten Vertretern aller deutschen Länder gefordert worden. Heinrich Reichsfreiherr von Gagern (*1799, †1880), der spätere Präsident der Nationalversammlung, konnte die Wahlen zur Nationalversammlung gegen Demokraten wie Friedrich Karl Franz Hecker (*1811, †1881) und Gustav von Struve (*1805, †1870) durchsetzen. 
Deutsche Nationalversammlung in Frankfurt

 

Bei der Wahl zur Nationalversammlung Ende April und Anfang Mai waren ausschließlich volljährige, finanziell selbstständige Männer über 25 Jahre wahlberechtigt. Ausgeschlossen waren abhängige Handwerker, Arbeiter und Frauen sowie diejenigen, die von der Armenfürsorge lebten oder keinen eigenen Hausstand besaßen. Zum ersten Mal fanden (eingeschränkte) allgemeine freie Wahlen in ganz Deutschland statt.

Zusammensetzung

Am 18.5.1848 traten erstmalig die 809 Abgeordneten zur Nationalversammlung zusammen (andere Quellen sprechen von 585 Abgeordneten). Die Versammlung der Paulskirche wurde von den Gebildeten dominiert; mehr als drei Viertel der Volksvertreter hatten eine Universität besucht. Über die Hälfte der Abgeordneten, mehrheitlich mit juristischer Ausbildung, erhielt ihr Gehalt von Staat und Gemeinden. Das gehobene Wirtschaftsbürgertum war mit etwa 7 Prozent vertreten, etwas stärker als die Großgrundbesitzer und die Geistlichen. Nur drei der Abgeordneten sind Bauern, nur einer Handwerker. Man sprach deshalb auch von einem Honoratiorenparlament. 
Politische Parteien im heutigen Sinn gab es noch nicht. Etwa zwei Drittel der Abgeordneten schlossen sich in Fraktionen zusammen: Konservative Rechte (6 Prozent der Abgeordneten), konstitutionell-liberales rechtes Zentrum (34 Prozent), parlamentarisch-liberales linkes Zentrum (13 Prozent) und demokratische Linke (15 Prozent).

Reichsverfassung

Das Ziel ihrer Arbeit war die Beratung und Verabschiedung einer Verfassung für Gesamtdeutschland und die Schaffung eines einheitlichen deutschen Nationalstaats. Das Parlament stimmte für die kleindeutsche Lösung (die deutschen Staaten ohne Österreich) und eine konstitutionelle Monarchie unter der Führung Preußens. Das war die Position der gemäßigten Demokraten und der Liberalen. Friedrich Wilhelm IV. (*1795, †1861, preußischer König seit 1840) wurde zum erblichen deutschen Kaiser gewählt. Alternative Möglichkeiten waren die großdeutsche Lösung einschließlich des deutschsprachigen Teils Österreichs und die großösterreichische Lösung einschließlich ganz Österreichs. Nur eine Minderheit plädierte für die Republik
Die Grundrechte des deutschen Volkes wurden als Bestandteil in die Reichsverfassung aufgenommen. Damit waren erstmalig in der deutschen Geschichte die Freiheitsrechte des einzelnen Bürgers formuliert und in der Verfassung verankert worden, wie sie bereits in der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung 1776 und der Menschenrechtserklärung der Französischen Revolution 1789 ausgesprochen worden waren. (Menschen- und Bürgerrechte). 
Die monarchischen Elemente in der Verfassung waren: Der Kaiser ernennt und entlässt die Regierung, besitzt ein Veto bei der Gesetzgebung, besitzt den Oberbefehl über das Militär, vertritt das Reich völkerrechtlich nach außen. 
Als wichtige demokratische Elemente galten: Das Volk wählt nach allgemeinem und gleichem Wahlrecht, nimmt, vertreten durch den Reichstag, auf die Gesetzgebung Einfluss und ist durch Grundrechte geschützt. Die am 28.3.1849 verabschiedete Verfassung trat allerdings nie in Kraft. 

Auflösung

Der preußische König Friedrich Wilhelm IV. (*1795, †1861, preußischer König seit 1840) lehnte am 28.4.1849 die deutsche Kaiserkrone sowie die Anerkennung der Reichsverfassung mit der Begründung ab, die Verfassung sei ein Mittel, um die oberste Gewalt zu beseitigen und die Republik einzuführen. 
In den folgenden Wochen beriefen die wichtigsten Mächte (Österreich, Bayern, Preußen) ihre Abgeordneten ab. Nach Auflösung der Nationalversammlung wich ein (kleineres) „Rumpfparlament“ im Mai 1849 nach Stuttgart aus, das jedoch schon nach kurzer Zeit am 18.6.1849 von württembergischen Truppen aufgelöst und auseinander getrieben wurde. 
Mit der Auflösung der Nationalversammlung wurde auch das Scheitern der Deutschen Revolution 1848/49 eingeleitet. Dennoch bildete die nicht in Kraft getretene Reichsverfassung die wesentliche Grundlage für die Verfassung des Deutschen Kaiserreichs von 1871 und später auch für die Weimarer Verfassung. Auch wurde in der Nationalversammlung der Grundstein für die Bildung politischer Parteien gelegt.
 
   

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