Direkt zum Inhalt

Andere Bezeichnung:  Befehlsform

 

Über das Wort „Imperativ“

Genus, Betonung:  der Imperativ
Plural:  die Imperative
Abkürzung:  Imp.
Herkunft:  von lat. modus imperātīvus Befehlsmodus (von imperāre befehlen)

 

Definition

Der „Imperativ“ ist ein Modus. Unter „Imperativ“ versteht man eine Kategorie der Konjugation, die den Inhalt des Satzes als Befehl oder Aufforderung kennzeichnet.

 

Formen

Im Unterschied zum Deutschen verfügt die lateinische Konjugation über zwei verschiedene Typen von Imperativen:

• spezieller Imperativ (auch „Imperativ I“ oder „Imperativ Präsens“ genannt). Seine Funktion entspricht dem deutsche Imperativ. Er bildet nur Formen für die zweite Person Singular und Plural. Passivformen sind im klassischen Latein nur von Deponentien üblich, daher hier nicht aufgeführt. Z.B.:
  2.Sg.  audī  höre!
  2.Pl.   audīte  hört!

• genereller Imperativ (auch „Imperativ II“ oder „Imperativ Futur“ genannt). Er bildet Formen für die erste und zweite Person Singular und Plural. (Zum Passiv gilt das Gleiche wie beim speziellen Imperativ). Im Deutschen übersetzen wir mit gewöhnlichem Imperativ oder durch eine Umschreibung mit „sollen“. Z.B.:
  2.Sg.  audītō  du sollst hören!
  3.Sg.  audītō  er/sie/es soll hören!
  2.Pl.   audītōte  ihr sollt hören!
  3.Pl.   audiuntō  sie sollen hören!

Die Imperativformen aller Konjugationstypen findest du in den Konjugationstabellen: Konjugationen des Präsensstamms.

 

FUNKTIONEN

 

(A)  Funktion des speziellen Imperativs (= „Imperativ I“)

Der spezielle Imperativ gibt eine Anordnung für einen Einzelfall in einer bestimmten Situation. Er richtet sich daher immer an eine bestimmte Person oder Personengruppe.

Die Bezeichnung „Imperativ Präsens“ ist unpassend, da das, was jetzt befohlen wird, ja immer erst in Zukunft erfüllt werden kann. Es liegt in der Natur der Sache, dass Anordnungen für den Einzelfall meist in der unmittelbaren oder nahen Zukunft, selten in der ferneren Zukunft erfüllt werden sollen.

Beispiele:
÷ Aperī portam!  Öffne die Tür!
÷ Sequiminī mē!  Folgt mir!
   (= 2.Pl. Imperativ Passiv des Deponens sequī.)
÷ Ēgredere ex urbe, Catilīna, līberā rem pūblicam metū!
   Geh fort aus der Stadt, Catilina, befreie die Bürgergemeinschaft von ihrer Furcht!
   (Ēgredere = 2.Sg. Imperativ Passiv des Deponens ēgredī.)

 

(B)  Funktion des generellen Imperativs (= „Imperativ II“)

Der generelle Imperativ gibt eine allgemeine Anordnung, die immer ausgeführt werden soll, oder eine Erlaubnis, die dauerhaft gilt. Daher ist er die übliche Befehlsform für allgemeine Vorschriften, Gesetze und Verträge. Er kann sich an eine bestimmte Person richten, wenn z.B. in einem Vertrag ein König dauerhaft zu bestimmten Leistungen verpflichtet wird, oder, wenn einer Person unter vorher genannten Bedingungen ein Verhalten erlaubt wird. Meistens richtet er sich jedoch allgemein an eine große Personengruppe wie z.B. alle Bürger eines Staates.

Die Bezeichnung „Imperativ Futur“ ist zur Abgrenzung vom „Imperativ Präsens“ ungeeignet, da sich jeder Imperativ zwangsläufig auf die Zukunft bezieht. Naturgemäß kommt es bei generellen Anordnungen oft erst einige Zeit später zum ersten Anwendungsfall. Das ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass auch generelle Anordnungen meist ab sofort gelten, also auch für die unmittelbare Zukunft.

Beispiele:
÷ Mōribus vīvitō antīquīs!
   Lebe nach den alten Sitten!
÷ Iūsta imperia suntō!
   Die Staatsämter sollen gerecht sein (= ausgeübt werden)!
÷ Sī quid acciderit, scrībitō!
   Wenn sich etwas (ereignet haben wird =) ereignet, schreib (mir)!