Reformation, ursprünglich die Forderung nach einer Umgestaltung und Erneuerung (das lateinische Wort dafür ist „reformatio“) der katholischen Kirche nach Aufdeckung von zahlreichen Missständen in der Kirche v.a. durch Martin Luther und Jan Hus. Dies führte im Deutschen Reich zu schweren Unruhen und sogar zum Krieg zwischen dem katholischen Kaiser Karl V. und den lutherischen Landesfürsten.
Kirche in der Krise
Das 15. Jahrhundert war eine Zeit der Kriege, Pest, Seuchen und Hungersnöte. Für Trost und Hilfe war die Kirche zuständig, in der jedoch immer mehr Missstände zutage traten. Der Papst in Rom, Bischöfe und Äbte führten einen opulenten Lebensstil. Manche kirchlichen Würdenträger waren mehr Fürsten als Seelenhirten (Kirchenfürsten). Der kirchliche Luxus stand im Gegensatz zur kirchlichen Lehre.
Hinzu kamen Vetternwirtschaft (geistliche Ämter wurden gegen Geld verschachert) und Reliquienhandel. 1502 ließ Papst Leo X. (*1475, †1521, Papst seit 1513) in Rom verstärkt Ablassbriefe zur Finanzierung des Baus der neuen Peterskirche verkaufen. Sie sollte an Größe und Reichtum alle anderen Gebäude übertreffen. Der Ablass wurde als Einnahmequelle missbraucht. Große Geldsummen flossen somit nach Rom.
Bereits schon vor der Reformation gab es Kritik an der römischen Kirche durch den Prager Professor Jan Hus.
Die wichtigsten Ereignisse der Reformation
1515 schrieb Papst Leo X. einen neuen Ablass aus. Luther sprach 1517 Gläubige nicht von Sünden frei und erkannte die Ablassbriefe nicht an. Er veröffentlichte in Wittenberg 95 Thesen, in denen er die Missstände im päpstlichen Ablasswesen kritisierte. Luthers Anlass war seine Auseinandersetzung mit dem Ablassprediger Johannes (Johann) Tetzel (*um 1465, †1519). Papst Leo X. verurteilte die Wittenberger Thesen und forderte Luther zum Widerruf auf, ansonsten verhänge er den Kirchenbann.
Luther verfasste seine Thesen in lateinischer Sprache. Sie wurden aber ins Deutsche übersetzt und mithilfe von Druckern nach der Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern durch Johannes Gutenberg in wenigen Wochen in ganz Deutschland verbreitet.
1520 erließ Papst Leo X. eine Bulle (Urkunde) gegen Luther; dieser forderte ein allgemeines Konzil. 1521 exkommunizierte Papst Leo X. Martin Luther und seine Anhänger. Wegen seiner Thesen und seiner Behauptung, Papst und Konzil könnten irren, wurde er zum Ketzer erklärt. Luther sah ausschließlich in der Bibel die Quelle des göttlichen Willens und nicht in der Auslegung der Heiligen Schrift durch Papst oder Bischöfe. Papst Leo X. belegte ihn im Januar 1521 mit dem Kirchenbann.
Auf dem Reichstag in Worms im April 1521 durfte sich Luther vor 100 Fürsten und in Anwesenheit von Kaiser Karl V. rechtfertigen, weigerte sich jedoch, seine Schriften zu widerrufen. Das Wormser Edikt verbot alle Neuerungen und ächtete Luther. Er galt nun als „vogelfrei“. Jeder hatte das Recht, ihn zu töten. Luthers Landesherr, Friedrich III., der Weise (*1463, †1525, Kurfürst von Sachsen seit 1486), ließ ihn auf die Wartburg in Sicherheit bringen.
Zwischen 1524 und 1526 hatten etliche Landesherren in ihren Territorien offen die reformatorische Lehre eingeführt. 1526 wurde auf dem ersten Reichstag in Speyer das Wormser Edikt aufgehoben. 1527 gründete Landgraf Philipp I., der Großmütige, von Hessen (*1504, †1567) in Marburg die erste protestantische Universität. 1529 wurde auf dem zweiten Reichstag in Speyer das Wormser Edikt wieder eingeführt. Es blieb vorerst bei der Aberkennung der Reformation und der landesfürstlichen Religionshoheit.
Der Lehre Luthers folgend, wonach sie niemand außer Gott untertan seien, erhoben sich die Bauern, um für bessere Lebensbedingungen zu kämpfen. Dies führte von1524 bis 1526 zu denr Bauenkriegen.
Auf dem Reichstag in Augsburg 1530 legten die evangelischen Stände mit der Augsburger Konfession eine Zusammenfassung ihrer Glaubenssätze vor, maßgeblich formuliert vom Humanisten Philipp Melanchthon (*1497, †1560). 1531 schlossen sich die evangelischen Stände zum Schmalkaldischen Bund zusammen. Auf dem Reichstag in Nürnberg 1532 gestattete der Kaiser den evangelischen Ständen bis zu einem allgemeinen Konzil die freie Ausübung ihrer Religion.
Allerdings konnte das Konzil von Trient 1535 nicht zur Lösung des Religionskonflikts beitragen. Die protestantischen Fürsten blieben fern, was zur Gegenreformation führte. Deshalb griffen 1546/1547 im Schmalkaldischen Krieg die kaiserlichen Truppen die im Schmalkaldischen Bund zusammengeschlossenen evangelischen Landesfürsten an. Karl V. besiegte die evangelischen Stände. 1548 schränkte der Kaiser auf dem Reichstag in Augsburg die freie Religionsausübung der Protestanten ein.
Erst auf einem weiteren Reichstag in Augsburg 1555 erkannten sich katholische und lutherische Reichsstände gegenseitig als gleichberechtigte Glaubensgruppen an. Dieser Augsburger Religionsfrieden führte faktisch zur Entstehung der Evangelischen Kirchen.
Reformation und Europa
Allerdings war mit dem Augsburger Religionsfrieden die Feindschaft zwischen Lutheranern und Katholiken keineswegs beendet und führte in der Folge zu kriegerischen Auseinandersetzungen in einer Mischung aus Religionskrieg und Krieg um die politische Vorherrschaft in Europa (Dreißigjähriger Krieg).
In der Schweiz vollzog sich die Reformation zunächst unter Ulrich Zwingli (*1484, † 1531) in Zürich, der 1522 seine erste populäre Schrift verfasste. Wenige Jahre nach Zwinglis Tod begann Johannes Calvin, eigentlich Jean Cauvin, (*1509, †1564) in Genf sein einflussreiches Wirken (Calvinisten).