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Historische Zusammenhänge

Prägende Merkmale für die Zeit unmittelbar nach dem Krieg waren insbesondere die wirtschaftliche und politische Situation des Neuanfangs und die materiellen Schwierigkeiten: Viele Druckereien waren ausgebombt, das Papier war knapp und wurde kontingentiert, die Besatzungsmächte hatten ein Zensurrecht. Die Reaktionen auf die schrecklichen Nachrichten von Völkermord und NS-Vernichtungslagern sowie das Bekanntwerden der Bilanzen des Elends (Tote, Kriegsversehrte, Vertriebene, Evakuierte) waren vielfältig:

  • Fassungslosigkeit über das Ausmaß des NS-Terrors und Einsicht in die Gründe,
  • Tendenzen, den Fragen nach den Ursachen aus dem Weg zu gehen,
  • das Bemühen, in dieser durch Hunger, Wohnungsnot und Mangelwirtschaft geprägten Situation zu überleben.

Herausstechende Tendenzen

Zeitungen, Zeitschriften und Rundfunk hatten für die Literaturentwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg eine besondere Bedeutung. Den Zeitungen, die dem Informationsbedürfnis und dem Lesehunger vieler Menschen nach zwölf Jahren weitgehender Isolation entgegenkamen, war auch die schnelle Verbreitung von Werken der Weltliteratur (z. B. von A. de Saint-Exupéry, André Gide, Ernest Hemingway, Sinclair Lewis) zu verdanken. Der Verleger Rowohlt publizierte diese Literatur zunächst in Form von Zeitungsrotationsromanen und ab 1950 dann in preiswerten Taschenbuchausgaben.

Auch dass die Kurzgeschichte (nach dem Muster der amerikanischen Shortstory) zur beherrschenden epischen Kurzform der Nachkriegszeit wurde, war dem Einfluss der Zeitungen zuzuschreiben. Schriftsteller wie Wolfgang Borchert, Heinrich Böll, Ilse Aichinger, Hans Bender, Wolfdietrich Schnurre und Martin Walser verfassten in den Nachkriegsjahren Kurzgeschichten und nutzten dabei oftmals den amerikanischen Schriftsteller Ernest Hemingway (1899-1961) als Vorbild.

In der unmittelbaren Nachkriegszeit fand der Standpunkt, dass nach Auschwitz und im Zusammenhang mit der existenziellen Not der Gegenwart jeder ästhetisierende Text deplatziert sei, weite Verbreitung; umso mehr eignete sich die Kurzgeschichte mit ihrer kargen sprachlichen Form zur Darstellung der bevorzugten Themen.

Eine besondere Bedeutung erhielt nach 1945 das Hörspiel (z. B. von Günter Eich, Ingeborg Bachmann), weil es zum einen (auch im Gegensatz zu der „lauten“ und plump-aufdringlichen Literatur des NS-Regimes) den Rundfunkhörern Einfühlsamkeit und Fantasie ermöglichte und zum anderen den Mangel an Theaterbühnen ausglich. Viele klassische Dramen wurden in der Nachkriegszeit in Rundfunkdialoge umgeschrieben. Wolfgang Borcherts Hörspielfassung des Schauspiels Draußen vor der Tür (1947) erzielte eine enorme Wirkung.

Besonderes Interesse fanden auch die Schriftsteller des Exils. Es wirkte für nicht wenige Leser tröstlich, dass diese während der NS-Zeit Werke von Weltgeltung verfasst hatten. In den Westzonen lassen sich die Tendenzen und Intentionen mit den Begriffen Trümmerliteratur und Literatur des Kahlschlags kennzeichnen. Bevorzugte Themen waren die Erfahrungen des Krieges und die Not der unmittelbaren Nachkriegszeit. Sprachlich suchte man einen Neuanfang und neue Ausdrucksformen, die sich vom Pathos der Sprache im Nationalsozialismus abhoben; die Forderung nach Wahrheit und Mitmenschlichkeit stand im Vordergrund. 1947 fanden sich Schriftsteller zur Gruppe 47 zusammen, die sich die Erneuerung der Literatur zum Ziel gesetzt hatte. Die Gruppe bestimmte zwei Jahrzehnte lang das Bild der bundesdeutschen Gegenwartsliteratur, bis sie sich 1967 auflöste.

In der sowjetisch besetzten Zone wurde zunächst ein antifaschistisches Bündnis aller demokratischen Kräfte propagiert. Ziel war es, die demokratische Elite der antifaschistischen Literatur (wie Peter Huchel, Anna Seghers, später auch Bertolt Brecht, Ernst Bloch und Stefan Heym) einzubürgern. Die in den Anfängen finanziell großzügig unterstützte Kulturpolitik zeigte sich in den ersten Jahren nach dem Krieg liberal und bemühte sich, durch die bereitwillige Aufnahme und Förderung Exilautoren den literarischen Neubeginn zu erleichtern.

Auswahl wichtiger Autoren und Werke

Gottfried Benn (1886-1956): Gedichte

Marie-Luise Kaschnitz (1901-1974): Gedichte

Günter Eich (1907-1972): Die Mädchen aus Viterbo

Paul Celan (1920 -1969): Gedichte, z. B. Todesfuge

Wolfdietrich Schnurre (1920-1989): Kurzgeschichten, z. B. Jenö war mein Freund

Wolfgang Borchert (1921-1947 ): Draußen vor der Tür; Kurzgeschichten, z. B. An diesem Dienstag


Schlagworte

  • #Gruppe 47
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