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Geboren in Augsburg am 10.2.1898, gestorben in Berlin (Ost) am 14.8.1956:

Nach dem kriegsbedingten Notabitur 1917 studierte Bertolt Brecht, Sohn eines Fabrikdirektors, einige Semester Medizin in München, konzentrierte sich aber früh auf eine Karriere als Schriftsteller. Erste literarische Versuche unternahm er 1913, erste Veröffentlichungen folgten wenig später. 1922 wurde erstmals sein Theaterstück Trommeln in der Nacht in München aufgeführt. "Der vierundzwanzigjährige Dichter Brecht hat über Nacht das dichterische Antlitz Deutschlands verändert", schrieb der Theaterkritiker Herbert Ihering nach der Premiere und verlieh Brecht im selben Jahr den renommierten Kleist-Preis.

In der Metropole Berlin

1924 zog Brecht nach Berlin, wo er zwar seine Position als Theatergröße festigen, jedoch vorerst wenig greifbare Erfolge vorweisen konnte. Bis 1926 war er Dramaturg bei dem bedeutenden Regisseur und Theaterleiter Max Reinhardt am Deutschen Theater. In Berlin nahmen eine Reihe von Kooperationen, Bekanntschaften und Freundschaften ihren Anfang: Neben den Schulfreund und Bühnenbildner Caspar Neher und den Münchener Förderer und Autorkollegen Lion Feuchtwanger traten u.a. die Theaterautoren Arnold Bronnen und Carl Zuckmayer. In Berlin begann auch Brechts enge Zusammenarbeit mit seiner späteren Frau, der Schauspielerin Helene Weigel, wie auch mit seiner lebenslangen Mitarbeiterin Elisabeth Hauptmann und dem Komponisten Kurt Weill.

Ab 1926 wandte sich Brecht auf der Suche nach einer tragfähigen Theorie, die das Verständnis der Gesellschaft und der Kritik an ihr begründen sollte, verstärkt dem Studium des Marxismus zu. Er trat zwar nicht in die Kommunistische Partei ein, nahm aber Kontakt mit bedeutenden sozialistischen Theoretikern, Intellektuellen und Künstlern auf, so mit Sergej Tretjakow, Karl Korsch und George Grosz. Zugleich erschienen in dichter Folge zahlreiche Werke. 1928 wurde die Dreigroschenoper, an der Brecht zusammen mit Elisabeth Hauptmann und Weill gearbeitet hatte, zum Überraschungserfolg. Damit war Brecht als einer der bedeutendsten Autoren der jungen, radikalen Generation anerkannt.

Aus Deutschland vertrieben

Am Tag nach dem Reichstagsbrand (27.2.1933) floh Brecht mit Helene Weigel aus Deutschland über Prag, Wien, Zürich und Paris nach Dänemark. Im Exil war Brecht einer der wichtigsten Vertreter der sozialistischen, aber zugleich experimentellen Literatur, die den Sozialistischen Realismus als Einschränkung ihrer literarischen Möglichkeiten ablehnten. Mit zahlreichen Aktivitäten versuchte Brecht im Exil am Zustandekommen einer antifaschistischen Einheitsfront mitzuwirken. Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs floh Brecht 1939 nach Schweden, 1940 weiter nach Finnland. Im Sommer 1941 reiste er über die Sowjetunion in die USA ein, wo er bis 1947 an der kalifornischen Westküste in Santa Monica lebte. Im Exil entstand ein großer Teil seiner bedeutendsten Theaterstücke, darunter Furcht und Elend des Dritten Reiches (1934-38), Leben des Galilei (1. Fassung 1938/39), Mutter Courage und ihre Kinder (1939), Der gute Mensch von Sezuan (1938-41) und der Kaukasische Kreidekreis (1944/45).

Ostberlin als neue Heimat

1947 verließ Brecht die USA und kehrte über die Schweiz nach Deutschland zurück. Seit 1948 lebte er wieder in Berlin (Ost). Er bekannte sich zur 1949 gegründeten Deutschen Demokratischen Republik, erwarb jedoch 1950 die österreichische Staatsbürgerschaft. Mit Brechts Rückkehr begann eine intensive Theaterarbeit, in der er sich darauf konzentrierte, seine bis dahin meist ungespielten Stücke als Episches Theater aufzuführen, eine von ihm entwickelte Theaterform, die sich dem traditionellen aristotelischen Theater entgegenstellte. 1954 erhielt Brecht ein eigenes Schauspielhaus, das Theater am Schiffbauerdamm. Brecht war zwar in der DDR anerkannt, blieb als Autor und Regisseur jedoch stets umstritten und angefeindet.

Neuerer in Literatur und Theaterwesen

Brecht betätigte sich in allen literarischen Gattungen. Seine herausragende Bedeutung erlangte er aber v.a. als Dramatiker und Lyriker. Einer der wichtigsten literarischen Neuerer des 20.Jahrhunderts war er aber nicht nur durch seine Schriften und Werke; auch als Regisseur übte er auf das internationale Theater der Nachkriegszeit eine enorme Wirkung aus. Sein erzählender Dramen- und Regiestil erschien seinen Nachfolgern besonders geeignet, ein breites Publikum ans Theater zu ziehen und aufklärerisch und politisch aktivierend zu wirken. Er bediente sich eifrig in der Literaturgeschichte, was in den 1920er-Jahren für einiges Aufsehen sorgte. Seine frühe Lyrik nahm starke Anleihen z. B. bei Francois Villon und Arthur Rimbaud, die Vorlage der Dreigroschenoper ist die Übersetzung von John Gays The Beggar's Opera (1728). Eines seiner berühmtesten Theaterstücke, Mutter Courage und ihre Kinder, nimmt Motive aus Johann Jakob Christoffel von Grimmelshausen Schelmenroman Lebensbeschreibung der Ersatzbetrügerin und Landstörzerin Courasche (1670) auf und entwickelt sie weiter.

Die Lyrik - Brechts Grundthemen

In seiner bekanntesten Lyriksammlung, der 1927 erschienenen Hauspostille, finden sich bereits Brechts Grundthemen: die rasche Veränderung der Welt und die Möglichkeiten, darauf zu reagieren und auf den Ablauf der Geschehnisse einzuwirken, im gesellschaftlichen Ganzen wie in den persönlichen Beziehungen. Insgesamt veröffentlichte er drei umfangreiche Sammlungen, zu denen neben der Hauspostille die Lieder Gedichte Chöre (1934) und die Svendborger Gedichte (1939) gehören. Von seinen im Exil entstandenen eindringlichen freirhythmischen Gedichten und Liedern wurde besonders das Solidaritätslied in der Vertonung von Hanns Eisler bekannt (in Lieder Gedichte Chöre, 1934). Die Svendborger Gedichte (1939) argumentieren in schlichter Sprache gegen das nationalsozialistische Regime. Die späten Gedichte variieren das Thema Antifaschismus und Mahnung zum Frieden (An meine Landsleute, Neue Kinderlieder, beide 1950). Bedeutendste späte Sammlung sind die Buckower Elegien (1953), die in äußerster sprachlicher Konzentration Bilder und Stimmungen vermitteln, die das Unbehagen des Dichters am stalinistischen Regime der DDR ahnen lassen.

Das Theater Brechts

Das Grundproblem, um das alle Stücke Brechts kreisen, ist der Zwiespalt zwischen menschlicher Freiheit und sozialer Gerechtigkeit, Glücksverlangen des Einzelnen und Notwendigkeit des Opfers. Fast gleichzeitig mit den Stücken entstand die Theorie des Epischen Theaters, das auf die Aktivierung des Zuschauers durch Erkenntnis zielt und dessen Schlüsselbegriff die Verfremdung ist. Der Zuschauer soll selbst nach Lösungen suchen, Verfremdungseffekte geben ihm dabei den nötigen Abstand zum Geschehen.
Schon in den Stücken Baal (1918/19) und Trommeln in der Nacht (1919) lotete Brecht das Verhältnis des Einzelnen zur Gesellschaft aus. Brecht ging es v.a. um eine konsequente Ausführung der Erkenntnis, dass der Einzelne letztlich auf sich allein angewiesen ist und sich zugleich auf alle Bedingungen, die ihn umgeben, einzustellen versteht. In den 1920er-Jahren reflektierte und parodierte er v.a. die amerikanische Großstadtkultur mit ihrer Betonung des Lebensgenusses, so in der Dreigroschenoper und in Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny (1929).

Brechts Prosa

Unter Brechts Prosaarbeiten haben verschiedene kürzere Erzählungen gegenüber den Romanen (z. B. Dreigroschenroman, 1934) das größere Gewicht. Vor allem mit den Geschichten vom Herrn Keuner (1930-56) wirkte Brecht innovativ und stilbildend. Sie behandeln in Form eines Gleichnisses oder Beispiels Verhaltensweisen und Haltungen aus dem alltäglichen Leben. Hinter der alltäglichen Fassade der Geschichte verbirgt sich jedoch immer etwas Ungewöhnliches mit verfremdender Wendung, womit dem Lesenden ein neuer Blick auf sein eigenes Umfeld ermöglicht wird.

Wirkung

In der Bundesrepublik Deutschland war Brecht bis in die 1970er-Jahre als marxistischer Autor umstritten, die Bühnenwirksamkeit seiner Stücke setzte sich jedoch gegen alle politischen Vorbehalte durch. Sein Werk wurde wegweisend. Auch heute noch vermittelt es Denkanstöße nicht nur im Bereich Literatur, sondern auch für Film, Musik und bildende Kunst.


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