Wie du die formale Gestaltung einer Dramenszene untersuchst
Schritt-für-Schritt-Anleitung
Aufgabe
Lies den Auszug aus Schillers Drama „Don Carlos" und erläutere die Funktion der Szene.
Material:
Schritt 1: Prüfe nach Haupttext und Nebentext
Erfasse den Aufbau des Dramas bzw. der vorliegenden Szene. Aus der formalen Gestaltung kannst du Rückschlüsse zu Inhalt und Ausgang des Dramas ziehen. Finde zunächst heraus, ob der Text nur aus dem Haupttext (dem Gespräch der handelnden Personen) besteht oder ob er auch Nebentext enthält. Dies sind:
- Regieanweisungen, in denen Aussehen, Kleidung, Bewegung, Mimik, Gestik oder Gemütszustände der Figuren beschrieben werden;
- Szenenanmerkungen, in denen wichtige Hinweise zum Bühnenbild, zu Requisiten oder Geräuschen gegeben werden.
Überlege, wie die Regieanweisungen und Szenenanmerkungen zum Verständnis der Szene beitragen. Unterstützen sie das Geschehen auf der Bühne? Stehen sie dazu im Widerspruch? Inwiefern charakterisieren sie die Figuren?
Schritt 2: Bestimme die Bauform und die dramatische Gattung
Handelt es sich um ein geschlossenes oder um ein offenes Drama?
Kennzeichen der geschlossenen Dramenform
- Die Haupthandlung ist durchgängig, d. h., alle Ereignisse sind miteinander verknüpft und führen auf ein Ziel hin.
- Die Handlung erfolgt in einer geringen Zeiterstreckung (kurze gespielte Zeit).
- Man beschränkt sich auf wenige Schauplätze.
- Die wenigen Hauptfiguren stehen in einem klaren Beziehungsgeflecht zueinander.
- Die Figuren verwenden einen einheitlich hohen Sprachstil.
Kennzeichen der offenen Dramenform
- Das Geschehen besteht aus verschiedenen Handlungsteilen. So entsteht eine lockere, episodische Struktur.
- Die Dramenhandlung erstreckt sich über große Zeiträume (oft Jahre).
- Die Handlung spielt an verschiedenen Orten.
- Die Zahl der Figuren ist groß, viele Figuren treten nur zu bestimmten Zeitpunkten auf, z. B. in einzelnen Jahren.
- Die Figuren zeigen eine unterschiedliche Redeweise, je nach sozialen und individuellen Merkmalen.
- Die Hauptfigur tritt meist in allen Szenen auf, das Grundthema wird in allen Szenen variiert und Symbole oder Leitmotive wiederholen sich in den verschiedenen Szenen, um den Zusammenhalt zu wahren.
Bestimme, welcher Dramentyp vorliegt. Handelt es sich um eine Komödie oder um eine Tragödie? Aktiviere dafür gegebenenfalls auch dein Vorwissen über das Drama. Handelt es sich um ein fünfaktiges geschlossenes, aristotelisches Drama (in der Regel die Dramen Goethes, Schillers, Lessings), werde dir darüber klar, aus welchem Akt die zu analysierende Dramenszene stammt. Diese Einordnung gibt dir Auskunft über die Funktion der Szene innerhalb des Dramas.
Die Funktion der Akte im geschlossenen Drama
- Exposition (1. Akt): Der Zuschauer wird in Zeit, Ort und Handlung eingeführt. Wichtige Personen treten auf oder werden bekannt gemacht, indem über sie gesprochen wird. Die Vorgeschichte wird erläutert, der zentrale Konflikt wird angedeutet.
- steigende Handlung mit erregendem Moment (2. Akt): Die Handlung erhält den entscheidenden Schub, das Geschehen wird in eine bestimmte Richtung gelenkt. Die Spannung auf den weiteren Verlauf der Handlung steigt.
- Höhepunkt (3. Akt): Die Handlung erreicht den Höhepunkt. Die Hauptfigur steht in einer zentralen Auseinandersetzung, in der sich das weitere Schicksal entscheidet. Die Handlung befindet sich am Wendepunkt (Peripetie) zu einem guten oder schlechten Ende.
- fallende Handlung (4. Akt): Die Handlung läuft auf das Ende zu. Die Spannung wird nochmals gesteigert, indem die Entwicklung mit dem sogenannten retardierenden Moment verzögert wird. Die Katastrophe scheint doch noch abzuwenden zu sein.
- Katastrophe (5. Akt): Die Schlusshandlung bringt die Lösung des Konflikts. Die Hauptfigur scheitert, stirbt, geht unter (Tragödie) oder siegt, triumphiert, wird gerettet (Komödie).
Lösung
Funktion der Szene: Die Szene leitet mit einem zentralen Gespräch zwischen König Philipp von Spanien und Marquis von Posa den Wendepunkt des Dramas ein. Der Marquis entfaltet hier in einer raffiniert aufgebauten Argumentation seine programmatischen Ideen eines Staates.
Formale Gestaltung einer Dramenszene untersuchen
Wie du Handlung und Spannungsaufbau eines Dramas untersuchst
Schritt-für-Schritt-Anleitung
Aufgabe
Lies den Auszug aus Schillers Drama „Don Carlos".
Erschließe den Gesprächsverlauf des vorliegenden Szenenausschnitts und beziehe dabei dramaturgische Gestaltungsmittel mit ein.
Material:
Schritt 1: Analysiere Handlung und Konflikt
Unterscheide zunächst zwischen Haupt- und Nebenhandlung. Gibt es eine Nebenhandlung, untersuche, welche Bedeutung ihr zukommt: Wird die Haupthandlung von der Nebenhandlung unterbrochen? Spiegelt die Nebenhandlung die Haupthandlung auf einer zweiten Ebene? Die Nebenhandlung kann als eingeschobene, abgeschlossene Episode als Kontrast oder Verstärkung der Haupthandlung dienen.
Unterscheide außerdem äußere und innere Vorgänge. Beide Handlungen werden durch die Figurenrede vermittelt und stehen in einem Wechselverhältnis zueinander. Analysiere, wie die äußeren Vorgänge das Bewusstsein der Figuren verändern und wie ihr verändertes Bewusstsein den weiteren (äußeren) Handlungsverlauf bestimmt.
Innere und äußere Handlung
- äußere Handlung: Abfolge direkt wahrnehmbarer Vorgänge, z. B. Intrigen, Machtkämpfe.
- innere Handlung: geistige, seelische und moralische Entwicklung einer Figur, z. B. Einsicht, Bekenntnis, Sehnsucht, innerer Rückzug, Verachtung, Verrohung usw.
Arbeite die Wechselwirkung von Handlung, Handlungsvoraussetzungen und Figurenentwicklung mithilfe der folgenden Aspekte heraus:
- Handlungsschritte: Achte darauf, wie die Figuren eine vorhandene, meist konfliktgeladene Situation verändern bzw. das Opfer solcher Veränderungen werden.
- Handlungsspielraum: Können die Figuren sich frei entscheiden und den Gang der Handlung zielgerichtet bestimmen oder lassen sie das Geschehen passiv über sich ergehen, sind sie von vornherein in ihren Handlungsspielräumen begrenzt bzw. können sie überhaupt nicht handeln?
- Tempo der Handlung: Sind die Figuren von schnellen Entwicklungen betroffen (dynamischer Handlungsverlauf), stehen sie unter Zeit- oder Entscheidungsdruck, oder verändert sich die Situation langsam oder gar nicht (statischer Handlungsverlauf) und das Handeln der Figuren bleibt folgenlos?
Arbeite heraus, durch welchen Konflikt die Handlung ausgelöst oder vorangetrieben wird.
Unterscheide dabei zwischen
- äußerem Konflikt, in dem sich zwei oder mehr Parteien um Macht, Besitz, die Gunst eines Menschen oder Ähnliches streiten, und
- innerem Konflikt, in dem sich eine Figur zwischen entgegengesetzten Wünschen, Forderungen, Idealen oder Erwartungen entscheiden muss.
Schritt 2: Bestimme die Spannungsphasen
Untersuche, wie in der Szene Spannung aufgebaut wird. Unterscheide bei der Untersuchung des Spannungsaufbaus zwischen den folgenden vier Phasen:
- Spannungserzeugung: Es wird eine Frage aufgeworfen.
- Spanungssteigerung: Das Interesse des Lesers bzw. Zuschauers an der Beantwortung dieser Frage wird gesteigert.
- Spannungsverzögerung (retardierendes Moment): Die Beantwortung der Frage wird hinausgeschoben.
- Spannungslösung: Die Frage wird beantwortet.
Bestimme anschließend, wie sich die zu untersuchende Szene in den Spannungsbogen des Dramas einordnen lässt. Unterscheide zur richtigen Einordnung der Szene:
- Finalspannung: Die Spannung wird durch den zentralen Konflikt erzeugt und am Schluss des Dramas gelöst. Der Spannungsbogen erstreckt sich über den gesamten Text.
- Detailspannung: Der Spannungsbogen beschränkt sich nur auf einen Teil des Dramas, in dem die Frage aufgeworfen und gleich wieder beantwortet wird.
Lösung
Zunächst zeigt sich Marquis Posa der menschenverachtenden Position des Königs gegenüber verständnisvoll und bringt diesen damit auf seine Seite. Die Menschen ordneten sich, überfordert von der inneren Freiheit, demnach freiwillig
unter und verdienten deshalb nur Verachtung (V. 1–17). In einem weiteren Schritt stellt der Marquis fest, dass sich der König in einer ambivalenten Situation befindet: Auf der einen Seite sei er um seine gottähnliche Stellung als Herrscher zu beneiden, auf der anderen Seite müsse man Mitleid mit ihm haben, da er für diese machtvolle Stellung den Preis zahle, einsam zu sein. Der König zeigt sich von dieser Schilderung berührt. Posa nutzt diese emotionale Ergriffenheit und stellt den Sinn dieses Preises infrage, zumal Philipp nur deshalb so mächtig sei, weil im Gegenzug seine Untertanen
unterdrückt würden (V. 23–49). Emotional ergriffen von Posas Worten, fordert der König ihn auf, weiterzusprechen (V. 59–65). Posa entwickelt daraufhin ein Gegenbild zum Wohlstand der spanischen Provinzen, indem er die schrecklichen Folgen der blutigen Unterdrückung aufzeigt (V. 68–73). Die Regieanweisungen zeigen, dass der König durch Posas Worte beschämt wird (V. 74–76). Posa deutet diese nonverbalen Signale als Zustimmung, entkräftet ein mögliches Gegenargument und hebt dann zu seiner Zukunftsvision von einem Staat an, in dem Herrscher und Untertanen in Harmonie miteinander leben (V. 77–89). Der König verteidigt sein blutiges Vorgehen mit dem inneren Frieden, der daraus für sein Reich erwachsen solle (V. 91–96). Dieses Gegenargument lässt der Marquis nicht gelten und verweist darauf, dass dies ein trügerischer Frieden sei, da sich Spaniens Ruhm und Glanz bereits im Zerfall befänden. Mit Sorge schildert er die Flucht verfolgter Protestanten aus dem spanischen Reich und die damit verbundene wirtschaftliche Bedrohung Spaniens (V. 98–116). Wieder erfährt der Leser über den Nebentext, dass der König emotional berührt ist (V. 117/118) und Marquis Posa diese Chance ergreift, um in seiner Argumentation fortzufahren. Er zeichnet ein schauriges Bild eines grausamen Despoten und äußert sein Bedauern darüber (V. 119–131). Der Dialog mündet in einen engagierten Appell des Marquis an den König, die Freiheiten des Volkes wieder zu gewähren (V. 136–143). Die Dramatik des Dialogs steigert sich zum Höhepunkt, als Posa, ergriffen und beherrscht von seinen Ideen, zu seinem Schlussplädoyer anhebt. Die Hierarchie scheint sich hier endgültig umzukehren: Der König ist zum bloßen Stichwortgeber geworden, die Redeanteile des Marquis dominieren das Gespräch bis zum Schluss. Hier drängt Posa den König dazu, als Vorbild für alle absolutistischen Herrscher zu agieren und seinem Volk Gedankenfreiheit zu gewähren (V. 146–168). Posas Argumentation endet mit einem dramatischen Höhepunkt: Er traut sich als Untergebener in einem absolutistischen Staat, dem Herrscher nahezulegen, Gedankenfreiheit zu gewähren. In unmittelbarer Folge signalisiert er ihm aber mit einer Unterwerfungsgeste (Regieanweisung: „Sich ihm zu Füßen werfend“, V. 163), dass er ihm die Handlungsmacht zurückgibt, die er ihm vorher durch seine Dominanz im Gespräch genommen hatte.
Handlung und Spannungsaufbau eines Dramas untersuchen
Wie du die Figurenrede im Drama analysiert
Schritt-für-Schritt-Anleitung
Aufgabe
Lies den Auszug aus Schillers Drama „Don Carlos".
Analysiere die sprachlich-stilistischen Gestaltungsmittel, die Marquis Posa in dem Szenenausschnitt in seiner Argumentation verwendet, und erläutere, welche Wirkung er damit beabsichtigt.
Material:
Schritt 1: Bestimme und untersuche die Gesprächsform
Die Analyse der Dialoge und Monologe bildet die Grundlage für die Untersuchung der Handlungsentwicklung,Figurencharakterisierung und Figurenkonstellation.
- Untersuche die Funktion der Dialoge: Welche unterschiedlichen Interessen und Motive zeigen die Figuren? Wie beurteilen sie die Situation? Wie begründen sie ihre Entscheidungen? Versuchen sie andere Figuren zu beeinflussen?
- Untersuche bei Monologen, was sie über die innere Entwicklung der Figur aussagen. Stellen sie Reflexionen, innere Zwiespälte und Entscheidungsprozesse dar? Drücken sie Leere und Isoliertheit aus?
Schritt 2: Finde wichtige Informationen in der Figurenrede
Arbeite die Informationen heraus, die durch die Figurenrede vermittelt werden. Was sagt sie aus über Raum und Zeit, die Handlung, die Einschätzung anderer Figuren, das Empfinden der Figuren, Erwartungen und Forderungen, die Beziehung zu anderen Figuren?
Berücksichtige bei der Untersuchung der Figurenrede die folgenden Aspekte:
- Die Wortwahl informiert über den Bildungsstand einer Figur und deren Einschätzung der Gesprächspartner. Achte auf die Verwendung von Fremdwörtern, Schimpfwörtern usw.
- Der Satzbau und die Satzlänge können etwas über den Bildungsstand, aber auch über die momentane psychische Verfassung aussagen (z. B. Ärger, Wut). Der Satzbau kann einfach, verschachtelt, unvollständig usw. sein.
- Die Satzzeichen geben Informationen über die Sprechweise und das Sprachtempo (Fragen, Ausrufe, Pausen, Ankündigungen).
- In bildhaften Ausdrücken (Metaphern) können die Motive und Ziele des Sprechers verschleiert ausgedrückt werden. Deute die Bilder schlüssig und übertrage sie auf den Textzusammenhang.
- In Anreden, Unterbrechungen, Einwürfen usw. wird die Beziehung der Figuren zueinander verdeutlicht. Unterbricht eine Figur die andere? Verwendet sie Höflichkeitsfloskeln?
- Bestimme die Beziehung von Sprechern zueinander, indem du die Redesituation berücksichtigst. Findet eine symmetrische Kommunikation statt, bei der die Stellung der Sprecher gleich und gleichberechtigt ist? Oder handelt es sich um eine komplementäre Kommunikation, bei der es überlegene und unterlegene Sprecher gibt?
- Prüfe, ob es typische Gesprächsmuster gibt, wie z. B. Fragen – Antworten, Vorwerfen – Rechtfertigen.
- Achte auf die Stilebene der Figurenrede. Sie gibt Hinweise darauf, wie das Stück aufzunehmen ist.
Stilebenen der Figurenrede
- Pathetischer Stil: Die Figuren sprechen in gebundener Sprache bzw. Versen; das Publikum schaut zu ihnen auf.
- Realistischer Stil: Die Figuren verwenden Alltagsprosa; das Publikum betrachtet sie als seinesgleichen.
- Ironischer Stil: Das Publikum blickt auf die Figuren hinab.
Lösung
Marquis Posa breitet in seiner Argumentation seine Kritik am absolutistischen System und der damit verbundenen Herrscherrolle aus. Seine Überzeugungsstrategie liegt vor allem darin, den König emotional zu berühren. Er überzeugt nicht durch nüchterne Fakten und rationale Argumente, sondern durch bildhafte Sprache und anschauliche Beispiele. So spricht er vom „zertretne[n] Glück von Millionen“ (V. 46), wenn er die Unterdrückung des Volkes anprangert, er deckt den Widerspruch im Handeln des Königs auf, der „für die Ewigkeit“ pflanzen wolle, damit aber den Tod säe (V. 119/120), und zieht allegorische Vergleiche, wenn er von einem zukünftigen Herrscher spricht, der „Großmütig wie der Starke, Menschenglück / Aus [seinem] Füllhorn strömen“ lasse (V. 139/140). Auch sein idealistisches Menschbild, bei dem Freiheit und Selbstbestimmung dominieren, entwickelt er, indem er sich metaphorisch ausdrückt. Auf dieser Vorstellung von der Freiheit des Individuums fußt schließlich auch sein ideales Herrschaftsmodell einer gesellschaftlichen Ordnung, die die Werte von Toleranz und Grundrechten zum Prinzip erhebt. Immer wieder setzt er gezielt Schlüsselbegriffe, wie „Mensch“ (V. 7, 18, 24, 28, 29, 34, 83, 126), „Gott“ (V. 27, 31, 44), „Freiheit“ (V. 47, 161) und „Bürger“ (V. 86, 95, 108) ein, um seinen politischen Ideen Gewicht zu verleihen und den König mitzureißen. Immer wieder formuliert er Appelle (z. B. V. 137–143 und V. 150 ff.) und rhetorische Fragen (V. 47–49, V. 98–106, V. 119/120), um dem Gesprächspartner das Gefühl zu geben, dieser habe Anteil an der sich entwickelnden Argumentation, und zeigt damit ein großes rhetorisches Geschick.
Figurenrede im Drama analysieren
Wie du Figuren und deren Konstellation in einem Drama analysierst
Schritt-für-Schritt-Anleitung
Aufgabe
Lies den Auszug aus Schillers Drama „Don Carlos".
Finde darin Beispiele für die Charakterisierung des Königs.
Schritt 1: Ermittle die Merkmale der Figuren
Der Autor stattet seine Figuren mit einer bestimmten Anzahl an Merkmalen aus, die die Figuren charakterisieren.
Material:
Merkmale einer Figur
- soziale Merkmale: Stand, Milieu, Beruf, familiäre Umstände
- äußere Merkmale: Aussehen, Größe, Haltung, Gang, Stimme, Kleidung, Gewohnheiten
- innere Merkmale: Einstellungen, Eigenschaften, Gemütszustand
Erarbeite die Merkmale einer Figur, indem du untersuchst, wie sie direkt oder indirekt charakterisiert wird.
Direkte Charakterisierung:
- Untersuche die Rollen- und Regieanweisungen.
- Analysiere, wie die Figur von anderen Figuren beurteilt oder beschrieben wird. Untersuche auch, wie die Figur sich selbst durch Kommentare ihres Verhaltens charakterisiert. Achte dabei immer darauf, wie glaubwürdig die Aussagen dieser Figuren sind. Fremddarstellungen und Selbstdarstellungen können verzerrt und subjektiv sein.
Indirekte Charakterisierung:
- Analysiere das Verhalten der Figur in verschiedenen Situationen. Inwiefern lässt es Rückschlüsse auf ihre Wesenszüge zu?
- Analysiere die Art, wie sich eine Figur äußert. Stil, Satzbau, Wortwahl geben Hinweise auf ihren Bildungsstand, ihre Einstellung zum Gesprächspartner, ihre seelische Verfassung usw. (vgl. S. 20/21)
Schritt 2: Beschreibe das Verhältnis der Figuren zueinander
Arbeite heraus, in welchem Verhältnis die Figuren zueinander stehen. Achte dabei auf die folgenden Aspekte:
- Welche Figuren sind partnerschaftlich verbunden? Aufgrund welcher Gemeinsamkeiten?
- Lassen sich Figuren innerhalb einer Gruppe hierarchisch ordnen?
- Welche Figuren stehen sich als Gegner gegenüber? Aufgrund welcher Interessen?
- Ist die Konstellation stabil? Oder ändern sich die Partnerschaften, Gegnerschaften und Machtverhältnisse?
Lösung
Marquis Posa charakterisiert den König als absolutistischen Herrscher und Tyrann („wie wenig Sie von Menschenwürde denken“, V. 3), dem seine Macht wichtiger ist als das Glück von Millionen Menschen (V. 46), der sich aber dem unaufhaltsamen Gang der Geschichte vergeblich entgegenstellt (V. 85). Posa traut ihm aber gleichzeitig zu, seine Meinung zu ändern und seinem Volk Gedankenfreiheit zu gewähren (V. 160). Der König ist aufgewühlt, „betroffen“, „verwirrt“ und emotional bewegt (V. 117/118) von Posas Rede (V. 74 ff.). Er hat ein schlechtes Gewissen, schämt sich, als Posa ihn mit der brutalen Unterdrückung der Menschen der Niederlande konfrontiert, er weicht Posas Blick aus (V. 68–76). Gleichzeitig verteidigt er sein blutiges Vorgehen (V. 93–96).
Figuren und Figurenkonstellation eines Dramas analysieren
Wie du Raum und Zeit einer Dramenszene untersuchst
Schritt-für-Schritt-Anleitung
Aufgabe
Lies den Auszug aus Schillers Drama „Don Carlos". Erläutere anhand der Szene die Zeitumstände des Dramas, berücksichtige die historische Zeit der Handlung und die Entstehungszeit des Stücks.
Material:
Schritt 1: Beschreibe die Raumgestaltung
Zur Raumgestaltung zählen Informationen über Requisiten, Bühnenaufbau, Geräusche, Hintergrund, Farben usw. Analysiere die Rollen- und Bühnenanweisungen sowie die Figurenrede (vgl. S. 20/21), um Informationen über die Raumgestaltung zu erhalten. Achte dabei auf Requisiten, die oft auf der Bühne zu sehen sind, sie können wichtige Hinweise enthalten.
Visuelles und verbales Raumkonzept
- Visuelles Raumkonzept: Das Bühnenbild soll so realistisch aussehen, dass die Illusion eines echten Schauplatzes erzeugt wird. Der Autor macht detaillierte Angaben zu der Raumausstattung, zu Geräuschen, Requisiten usw.
- Verbales Raumkonzept: Die Vorstellung eines konkreten Schauplatzes entsteht erst in der Fantasie des Zuschauers. Sie wird durch Äußerungen der Figuren hervorgerufen.
Bestimme, welche Funktion der Raum für das Drama bzw. eine Dramenszene hat.
Der Raum kann
- seine Bewohner charakterisieren (z. B. herrschaftliche Einrichtung als Zeichen eines hohen Standes),
- die innere Verfassung einer Figur spiegeln (z. B. Nacht als Zeichen von Einsamkeit),
- eine Aussage symbolisch verdeutlichen (z. B. Unwetter als Ausdruck innerer Konflikte).
Schritt 2: Ermittle die Zeitumstände
Bestimme die zeitlichen Bedingungen der Dramenszene im Hinblick auf folgende Punkte:
- In welcher historischen Zeit spielt die Handlung? Wie wirken sich historische Ereignisse und Zustände auf die Figuren aus?
- Was sind die politischen, sozialen und weltanschaulichen Hintergründe des Stücks?
- In welchem Verhältnis steht diese Zeit zur Gegenwart des zeitgenössischen und heutigen Publikums?
- In welchem Lebensabschnitt stehen die Figuren (z. B. erste Liebe, Midlife-Crisis, Todesnähe)? Welchen Einfluss haben diese Zeitpunkte auf das Handeln oder Fühlen der Figuren?
- Kommt der Jahres- bzw. Tageszeit eine Bedeutung zu?
- Stehen die Figuren unter Zeitdruck oder haben sie Zeit?
Lösung
Historische Zeit: Die Handlung spielt im 16. Jahrhundert im Zeitalter des Absolutismus, dessen Vertreter König Philipp ist. Schauplatz ist der spanische Hof in Madrid.
Die Entstehungszeit des Stücks ist das Ende des 18. Jahrhunderts, die Zeit der Weimarer Klassik. Die humanistischen Ideen der Menschenwürde, Toleranz, Freiheit und Menschlichkeit werden von Marquis Posa vertreten. Aus dem Gegensatz zwischen der absolutistischen Staatsräson und den Ansprüchen der Menschen auf Freiheit, Liebe und Gerechtigkeit erwächst der dramatische Konflikt.
Raum und Zeit einer Dramenszene untersuchen
Wie du deinen Aufsatz zur Dramenszene gliederst und verfasst
Schritt-für-Schritt-Anleitung
Schritt 1: Schreibe die Einleitung
Nenne Grundinformationen zu der zu analysierenden Dramenszene. Dazu zählen Angaben zu Autor, Titel, Akt und Auftritt, Entstehungszeit und Thema des Ausschnitts. Schließe relevante Angaben zum Schauplatz, zu den handelnden Figuren und den unmittelbaren Handlungsvoraussetzungen ein. Formuliere ein vorläufiges Textverständnis in Form einer Deutungshypothese.
Schritt 2: Verfasse den Hauptteil
Entscheide, ob sich eine lineare oder eine aspektorientierte Darstellung deiner Untersuchungsergebnisse für die geforderte Analyse anbietet.
- Deute den Text beim linearen Verfahren in der vorgegebenen Reihenfolge Abschnitt für Abschnitt vom Anfang bis zum Ende. Dieses Vorgehen ist sinnvoll, wenn der Dialogverlauf, die Redestrategie der Figuren oder der Gedankenaufbau eines Monologs aufgezeigt werden sollen.
- Gliedere den Text beim aspektorientierten Verfahren nach den einzelnen Deutungsaspekten. Das ist sinnvoll, wenn in der Aufgabe viele Aspekte angegeben werden. Beziehe dich dabei in jedem Abschnitt auf den gesamten Text(ausschnitt).
Bedenke immer, ob deine Beobachtungen relevant für die Analyse bzw. die konkrete Fragestellung sind. Verknüpfe deine Beobachtungen immer mit der Funktion, die sie für das Drama bzw. den Dramenausschnitt erfüllen. Vermeide eine Aneinanderreihung von Details. Belege deine Aussagen mit Zitaten (siehe S. 14) oder verwende die indirekte Redewiedergabe.
Indirekte Redewiedergabe
Mithilfe der indirekten Redewiedergabe verdeutlichst du, dass Aussagen von einer Figur stammen und nicht deine eigenen Ansichten sind. Achte dabei auf die Redeeinleitung und den Gebrauch des Konjunktivs in der indirekten Rede.
Schritt 3: Formuliere den Schluss
Fasse deine Ergebnisse zusammen und formuliere, welche Bedeutung der Textausschnitt für die Wirkung und Aussage des Dramas hat. Vergleiche anschließend deine Untersuchungsergebnisse mit deinem Vorverständnis oder deiner Deutungshypothese. Hat sich dein Vorverständnis geändert? Möglich ist auch der Blick auf übergreifende Zusammenhänge.