Entnazifizierung, der Versuch, im Nachkriegsdeutschland das politische und gesellschaftliche Leben nach dem Zusammenbruch der nationalsozialistischen Herrschaft und dem Ende des Dritten Reichs vom Gedankengut und den Einflüssen des Nationalsozialismus zu befreien.
Ziele
Im Mittelpunkt standen Maßnahmen der alliierten Siegermächte gegen politische und gesellschaftliche Organisationen des NS-Staats und der NSDAP Organisationen wie auch gegen Nationalsozialisten, die künftig von Schlüsselpositionen in Staat, Wirtschaft und Kultur ferngehalten werden sollten. Die Entnazifizierung oder Denazifizierung wurde von der Anti-Hitler-Koalition auf der Jalta-Konferenz 1945 beschlossen. Auf der Potsdamer Konferenz wurde sie zu einem der vier Hauptziele der alliierten Besatzungspolitik erklärt.
Die NSDAP und ihre Unterorganisationen sowie angeschlossene Verbände sollten aufgelöst, jede nationalsozialistische Propaganda verboten und die führenden Nationalsozialisten vor Gericht gestellt werden. Auch sollte Deutschland zur Wiedergutmachung für das unter dem Nationalsozialismus begangene Unrecht an anderen Völkern herangezogen und die deutsche Bevölkerung für die Demokratie gewonnen werden.
Verfahren
Um Nationalsozialisten von wichtigen Positionen fernzuhalten, mussten zahlreiche Deutsche Auskunft über ihre Vergangenheit im Dritten Reich geben. Die von der Entnazifizierung Betroffenen wurden in fünf Gruppen eingestuft: Hauptschuldige (Kriegsverbrecher), Belastete (Aktivisten), Minderbelastete, Mitläufer und Entlastete. Die Bestrafung bestand unter anderem in Freiheitsentzug, Vermögenseinziehung, Berufsverbot und Geldbußen sowie der Aberkennung des Wahlrechts.
Ergebnis
Das zunächst nur in der amerikanischen Besatzungszone angewandte Entnazifizierungsverfahren wurde 1946 auf alle Besatzungszonen übertragen. Nach der Gründung der beiden deutschen Staaten 1949 verlor die Entnazifizierung rasch an Bedeutung. Sie geriet in der deutschen Öffentlichkeit immer mehr in Misskredit, da oft weder rechtsstaatlichen Grundsätzen genügte noch die gewünschte Wirkung entfaltete.
In den Westzonen wurden 98 % der rund 6 Millionen Betroffenen als Mitläufer oder Entlastete eingestuft. In der sowjetischen Besatzungszone nutzten die Sowjets 1948 die Entnazifizierung, um unliebsame Personen zu entfernen. Das Verfahren endete in den westlichen Besatzungszonen 1949/50.