Direkt zum Inhalt

Bündnissystem, das von Reichskanzler Otto von Bismarck nach der Reichsgründung 1871 geschaffene Geflecht von Bündnissen zwischen europäischen Großmächten.

Das Prinzip Gleichgewicht der europäischen Mächte

Bismarck schuf mit dem Deutschen Kaiserreich mitten in Europa einen wirtschaftlich und militärisch starken Nationalstaat, den die europäischen Nachbarn, insbesondere Frankreich, fürchteten. Bismarcks außenpolitischen Ziele waren die Vermeidung eines Zweifrontenkriegs für Deutschland (gegen Russland im Osten und Frankreich im Westen), die Isolation Frankreichs („Erbfeindschaft“ nach dem Krieg von 1870/71) sowie die Schaffung eines Bündnissystems in Europa, um den territorialen und machtpolitischen Status quo zu erhalten und eine Revanche Frankreichs wegen der Niederlage 1870/71 zu unterbinden.

Nach dem Sieg über Frankreich im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 erklärte Bismarck, Deutschland sei „saturiert“ (lateinisch „gesättigt“, „zufriedengestellt“): Deutschland beabsichtige nicht, sein Territorium zu vergrößern. So gelang es ihm, europäische Bündnisse gegen ein starkes Deutsches Reich zu verhindern und ein Bündnissystem zugunsten des Deutschen Reichs aufzubauen. Durch das Bündnissystem sollte kein Land ein anderes angreifen können, ohne Gefahr zu laufen, selbst von mächtigen Gegnern angegriffen zu werden. Diese Grundsätze seiner Außenpolitik formulierte er 1877 im Kissinger Diktat. Der Kolonialpolitik stand Bismarck zurückhaltend gegenüber.

Wichtige Bündnisse

Nach der Niederlage des Osmanischen Reichs im russisch-osmanischen Krieg 1877/78 kam es in Berlin 1878 zu internationalen Friedensverhandlungen. Auf dem Berliner Kongress versuchte Bismarck, als „ehrlicher Makler“ zwischen den Konfliktparteien zu vermitteln.

1879 schuf Bismarck den Zweibund als geheimes Verteidigungsbündnis zwischen Deutschland und Österreich-Ungarn (bis 1918 in Kraft). Man vereinbarte gegenseitige Hilfe bei einem russischen Angriff.

Das Dreikaiserbündnis zwischen Russland, Österreich-Ungarn und Deutschland von 1881 war ein Neutralitätsabkommen. Die drei Großmächte wollten darin auch ihre Interessen auf dem Balkan abstimmen. Der Dreikaiserbund bestand bereits seit 1872/73 als Verabredung zu Beratungen im Konfliktfall.

1882 folgte der geheime Dreibundvertrag, ein Verteidigungsbündnis zwischen Deutschland, Österreich-Ungarn und Italien. Bei einem Angriff Frankreichs auf Italien bestand eine Beistandspflicht für Deutschland und Österreich-Ungarn, bei einem Angriff auf Deutschland lediglich eine Beistandspflicht für Italien.

Der Rückversicherungsvertrag mit Russland von 1887 war ein Neutralitätsvertrag für den Fall eines französischen Angriffs gegen das Deutsche Kaiserreich bzw. eines österreichischen Angriffs gegen Russland (Vertragsdauer: 3 Jahre)

Bismarck im deutschen Reichstag

Unter Vermittlung Bismarcks wurde 1887 das Mittelmeerabkommen geschlossen als Verpflichtung zur Verteidigung des Osmanischen Reichs gegen einen russischen Angriff.

Nach Bismarcks Entlassung 1890 wurde sein Bündnissystem zugunsten eines Neuen Kurses in der Außenpolitik aufgegeben.


Schlagworte

  • #Otto von Bismarck
  • #Bismarck
  • #Bündnissystem
  • #Erster Weltkrieg
  • #Industrialisierung
  • #Imperialismus
  • #20. Jahrhundert