Andere Bezeichnung: Steigerung, Gradation
Über das Wort „Komparation“
Genus, Betonung: die Komparation
Plural: die Komparationen
Abkürzung: —
Herkunft: von lat. comparātiō Vergleich (zu comparāre vergleichen)
Über die Wörter der Komparationsgrade
Herkunft (einige Wörter sind klassisches Latein, andere sind moderne Bildungen):
• Positiv: von lat. gradus positīvus gesetzter = vorgegebener Grad (zu pōnere setzen)
• Komparativ: von lat. gradus comparātīvus Vergleichs-Grad (zu comparāre vergleichen)
• Superlativ: von lat. gradus superlātīvus übersteigender Grad (zu superferre darübertragen, den Superlativ bilden)
• Auktiv: von lat. gradus auctīvus Steigerungs-Grad (zu augēre vergrößern, steigern, den Komparativ bilden)
• Moderativ: von lat. gradus moderātīvus Mäßigungs-Grad (zu moderārī mäßigen)
• Exzessiv: von lat. gradus excessīvus übermäßiger Grad (zu excēdere hinausgehen, ein Maß übersteigen)
• Supremal: von lat. gradus suprēmālis Höchst-Grad (zu suprēmus der oberste)
• Elativ: von lat. gradus ēlātīvus Erhöhungs-Grad (zu efferre heraustragen, hochheben)
Genus: Maskulin: der Positiv, Komparativ, Superlativ usw.
Plural: die Positive, Komparative, Superlative usw.
Abkürzung: Pos., Komp., Sup.
Definition
Unter „Komparation“ versteht man die Verbindung eines Eigenschafts-Worts mit grammatischen Kennzeichen, die anzeigen, dass die Eigenschaft bei ihrem Gegenstand in höherem Grad vorhanden ist als bei einem anderen Gegenstand. Zur Komparation im weiteren Sinne zählt man auch den neutralen Zustand, in dem das Eigenschafts-Wort ohne Kennzeichen eines höheren Grades gebraucht ist.
Beispiel:
÷ Via sinistra longior est quam dextra. Der linke Weg ist länger als der rechte.
Hier ist longior länger eine Komparationsform (= Steigerungsform, Vergleichsform) des Adjektivs longus lang. Im Lateinischen tritt wie im Deutschen an den Adjektivstamm long- lang- ein Komparationskennzeichen, nämlich -ior -er, das anzeigt, dass die Eigenschaft „Länge“ bei dem linken Weg in höherem Grad vorhanden ist als bei dem rechten.
(1) Komparationsfähige Wörter
Die Komparation mittels Suffixen (= Nachsilben) wird nur auf Adjektive und Adverbien angewendet. Bei vielen Adjektiven und Adverbien ist allerdings wegen der Bedeutung die Bildung von Komparationsformen nicht sinnvoll, z.B.: ligneus hölzern, nocturnus nächtlich, omnipotēns allmächtig, mortālis sterblich.
Die umschreibende Komparation mit lateinisch magis mehr und maximē am meisten ist auch auf Verben anwendbar (siehe unten (3b)).
(2) Komparationsgrade
Es werden der Form nach drei Komparationsgrade (= Vergleichsstufen) unterschieden:
(2a) Der Positiv (= Grundstufe), z.B.: perīculōsus gefährlich.
Diese Form kann zwei Funktionen haben:
• Ohne direkten Vergleich und ohne Zusatz bezeichnet sie einen Gegenstand mit einem hohen Grad der Eigenschaft:
÷ Via aspera perīculōsa est.
Der steinige Weg ist gefährlich.
• Im Vergleich und ohne Vergleich dient sie als Form des unbestimmten Grades der Eigenschaft, deren Grad durch einen Zusatz bestimmt werden kann; sie eignete sich daher auch für Fragen nach dem Grad und im Vergleich auch dazu, Ausdrücke des gleichen Grades sowie des geringeren und geringsten Grades (negative Steigerung) zu bilden; z.B.:
÷ Quam perīculōsa est via aspera?
Wie gefährlich ist der steinige Weg?
÷ Via aspera valdē perīculōsa est.
Der steinige Weg ist sehr gefährlich.
÷ Via plāna tam perīculōsa est quam aspera.
Der ebene Weg ist so gefährlich wie der steinige.
÷ Via plāna minus perīculōsa est quam aspera.
Der ebene Weg ist weniger gefährlich als der steinige.
÷ Via plāna minimē perīculōsa est omnium.
Der ebene Weg ist von allen am wenigsten gefährlich.
(2b) Der Komparativ (= Höherstufe, Mehrstufe), z.B.: perīculōsior.
Diese Form kann drei Funktionen haben:
• Im Vergleich von zwei Gegenständen bezeichnet sie den mit dem höheren Grad („Auktiv“); z.B.:
÷ Via aspera perīculōsior est quam plāna.
Der steinige Weg ist gefährlicher als der ebene.
• Ohne direkten Vergleich kann sie einen mäßig hohen Grad (d.h. nur ein bisschen hoch; „Moderativ“) bezeichnen, z.B.:
÷ Hodiē viam perīculōsiōrem fēcimus.
Heute haben wir einen gefährlicheren (= etwas gefährlichen) Weg zurückgelegt.
• Ohne direkten Vergleich kann sie im Lateinischen auch einen zu hohen Grad („Exzessiv“) bezeichnen, z.B.:
÷ Via aspera nōbīs perīculōsior est.
Der steinige Weg ist uns zu gefährlich.
(2c) Der Superlativ (= Höchststufe, Meiststufe), z.B.: perīculōsissimus.
Diese Form kann zwei Funktionen haben:
• Im Vergleich von mindestens drei Gegenständen bezeichnet sie den mit dem höchsten Grad („Supremal“), d.h. die Eigenschaft ist in höherem Grad vorhanden als bei allen anderen Gegenständen, die der Sprecher sich vorstellt:
÷ Hodiē viam perīculōsissimam fēcimus tōtīus itineris.
Heute haben wir den gefährlichsten Weg der gesamten Reise zurückgelegt.
• Ohne direkten Vergleich bezeichnet sie einen sehr hohen Grad („Elativ“) bezeichnet. Z.B.
÷ Hodiē viam perīculōsissimam fēcimus.
Heute haben wir einen sehr gefährlichen Weg zurückgelegt.
Auch im Deutschen wird diese Funktion gelegentlich verwendet, z.B.:
÷ Optimā tempestāte viam fēcimus.
Bei bestem (= sehr gutem) Wetter haben wir den Weg zurückgelegt.
(3) Komparationskennzeichen
Es gibt zwei Arten von Komparationskennzeichen:
(3a) Komparations-Suffixe (= Vergleichsnachsilben):
Diese bilden vom Adjektivstamm (bzw. Adverbstamm) den Positivstamm, den Komparativstamm und den Superlativstamm.
• Im Positiv:
Im Deutschen und Englischen gibt es kein besonderes Kennzeichen des Positivstamms, z.B.: dt. lang, engl. long.
Im Lateinischen gibt es mehrere Möglichkeiten:
— kein Kennzeichen, d.h. der Positivstamm ist mit dem Adjektivstamm identisch; z.B. long-us lang;
— angehängtes -n-, z.B.: mag-n-us groß (vergleiche maximus = *mag-sim-us der größte);
— angehängtes -inqu- (selten), z.B.: prop-inqu-us nah (vergleiche prop-ior näher);
— angehängtes -īc- (selten), z.B.: post-īc-us hinten befindlich (vergleiche post-er-ior weiter hinten befindlich).
• Im Komparativ:
Im Deutschen und Englischen bildet das Kennzeichen -er den Komparativstamm, z.B.: dt. läng-er, engl. long-er.
Im Lateinischen hat der Komparativstamm das Kennzeichen -ior (Neutrum: -ius), z.B.: long-ior (n. long-ius).
• Im Superlativ:
Im Deutschen und Englischen bildet das Kennzeichen -(e)st den Komparativstamm, z.B.: dt. der läng-st-e, engl. the long-est.
Im Lateinischen gibt es mehrere Möglichkeiten:
— angehängtes -issim-, z.B.: long-issim-us;
— angehängtes -sim-, z.B.: maximus = *mag-sim-us der größte,
mit den Varianten -rim- und -lim-, z.B.:
asper-rim-us der raueste (assimiliert aus *asper-sim-us);
facil-lim-us der leichteste (assimliert aus *facil-sim-us);
— angehängtes -im-, z.B.: min-im-us der kleinste (vergleiche min-or kleiner);
— angehängtes -ēm-, z.B.: extr-ēm-us der äußerste (vergleiche exter-ior äußerer);
— angehängtes -m-, z.B.: sum-m-us der oberste (assimliert aus *sup-m-us, vergleiche sup-er-ior höher).
(3b) Komparations-Partikeln (= grammatische Vergleichswörter):
Statt der Bildung von Komparativ- und Superlativstämmen werden in manchen Fällen zum Positivstamm eigenständige Wörter als Komparativ- und Superlativkennzeichen hinzugesetzt. Es handelt sich um eine umschreibende Komparation (vergleiche die umschreibende Konjugation bei Verben).
Im Deutschen sind solche Komparationspartikeln bei Adjektiven und Adverbien nicht üblich, zu Verben können aber „mehr“ und „am meisten“ gesetzt werden.
Im Englischen setzt man die Komparationspartikeln „more“ mehr und „most“ am meisten zu den meisten mehrsilbigen Adjektivstämmen, den mit -ly gebildeten Adverbien und zu Verben.
Im Lateinischen werden magis mehr und maximē am meisten verwendet, wenn der Adjektivstamm auf Vokal endet, sowie meistens auch, wenn er zusammengesetzt oder mit bestimmten Suffixen gebildet ist (-ic-, -āl-, -ār-, -īl-, -t-, -nd-, -īv-, -īn-). Auch zu Verben treten magis und maximē. Die Adverbien bilden ihre Komparation wie die Adjektive, von denen sie abgeleitet sind.
Adjektiv-Beispiel:
— englisch: necessary, more necessary, most necessary;
— lateinisch: necessari-us, magis necessari-us, maximē necessari-us
nötig, nötiger, der nötigste (wörtlich: nötig, mehr nötig, am meisten nötig).
Verb-Beispiel:
— deutsch: er zweifelt, er zweifelt mehr, er zweifelt am meisten;
— englisch: he doubts, he doubts more, he doubts most;
— lateinisch: dubitat, magis dubitat, maximē dubitat.
(4) Liste regelmäßiger und unregelmäßiger Komparationsstämme
Farben und Zeichen in der Tabelle:
BRAUN = Adjektivstamm:
zeigt die Adjektivbedeutung an.
LILA = Komparationsstammkennzeichen:
zeigt den vom Adjektivstamm abgeleiteten Unterstamm, d.h. den Komparationsstamm, an.
ROT = Deklinationsendung:
zeigt Kasus, Numerus und Genus an.
GRÜN = Adverbialendung:
steht anstelle einer Deklinationsendung, zeigt an, dass das Adjektiv als Adverb verwendet ist.
Weißer Punkt vor einem Komparationsstamm:
zeigt an, dass der Komparativstamm oder der Superlativstamm oder das Adverb
von einem anderen Adjektivstamm gebildet ist der Positiv des Adjektivs.
Wenn ein Adjektiv (oder Adverb) seine Formen von mehreren ganz verschiedenen
Adjektivstämmen bildet, sprechen wir von Suppletion.
Erläuterungen zur Tabelle
Unter „regelmäßig“, „Stamm auf il“, „Stamm auf r“ und „Stamm auf Vokal“ sind nur einzelne Beispielwörter aufgeführt; fast alle Adjektive (und Adverbien) bilden ihre Komparationsstämme nach diesen Mustern.
Unter „unregelmäßig“ sind sämtliche Adjektive (und Adverbien) mit unregelmäßiger Komparation aufgeführt.
Komparation des Adverbs:
• Positiv: Die graue Spalte enthält die Adverbialformen zu den Adjektiv-Positiven der davorstehenden Spalte. Hier herrscht große Unregelmäßigkeit. Neben den gewöhnlichen Adverbialendungen -ē (mit gekürzter Variante -ĕ) und -iter kommen -ō, -ā, Endungslosigkeit und Verwendung des Nom./Akk.Sg. Neutrum (-ĕ, -um) als Adverbialform vor.
• Komparativ: Als Adverbialform des Komparativs dient der Nom./Akk.Sg. Neutrum, also die Form auf -ius. Abweichende Adverbialformen sind angegeben.
• Superlativ: Die Adverbialform des Superlativs hat die gewöhnliche Adverbialendung der Adjektive der ō/ā-Deklination, nämlich -ē. Abweichende Adverbialformen sind angegeben.
(5) Deklination der Komparative und Superlative
Die Komparative werden mit einigen Besonderheiten als Adjektive der kons./gem.Dekl. dekliniert.
Die Superlative werden regelmäßig als Adjektive der ō/ā-Deklination dekliniert.
(6) Satzkonstruktion bei Vergleichen des Grades
Bei einem Vergleich müssen folgende Dinge vorhanden sein:
• zwei Gegenstände, die wir Vergleichsgegenstände nennen, und
• eine bei beiden Gegenständen vorhandene Eigenschaft, von der durch den Vergleich ausgesagt wird, dass der eine Vergleichsgegenstand sie in höherem oder geringerem Grad besitzt als der andere (oder in gleichem Grad wie der andere).
Den Gegenstand, dem die Eigenschaft als Adjektiv (oder indirekt als Adverb) zugeordnet ist, nennen wir „erster Vergleichsgegenstand“, den anderen „zweiter Vergleichsgegenstand“.
(6a) Konstruktion beim Positiv:
Der Positiv kann gebraucht werden, um auszudrücken, dass eine Eigenschaft bei beiden Vergleichsgegenständen im gleichen Grad vorhanden ist.
Der zweite Vergleichsgegenstand steht im selben Kasus wie der erste; die beiden Vergleichsgegenstände werden verknüpft mit tam ... quam so ... wie oder aequē ... atque in gleichem Maße ... wie; z.B.:
÷ Mārcus tam prūdēns est quam Lūcius. Marcus ist so klug wie Lucius.
÷ Mārcus aequē prūdēns est atque Lūcius. Marcus ist (in gleichem Maße =) ebenso klug wie Lucius.
(6b) Mögliche Konstruktionen beim Komparativ:
• Der zweite Vergleichsgegenstand steht im selben Kasus wie der erste Vergleichsgegenstand und wird mit quam als angeschlossen; z.B.:
÷ Mārcus prūdentior est quam Lūcius. Marcus ist klüger als Lucius.
(Beide Vergleichsgegenstände stehen im Nominativ;
die verglichene Eigenschaft ist das Adjektiv prūdentior klüger.)
÷ Mārcus prūdentius agit quam Lūcius. Marcus handelt klüger als Lucius.
(Beide Vergleichsgegenstände stehen im Nominativ;
die verglichene Eigenschaft ist das Adverb prūdentius klüger, das das Verb agit handelt beschreibt,
das wiederum den Vergleichsgegenstand Lucius beschreibt.)
÷ Mārcum prūdentiorem exīstimō quam Lūcium. Ich halte (den) Marcus für klüger als (den) Lucius.
(Beide Vergleichsgegenstände stehen im Akkusativ;
die verglichene Eigenschaft ist das Adjektiv prūdentiorem klüger.)
÷ Mārcum prūdentius agere exīstimō quam Lūcium. Ich glaube, dass Marcus klüger handelt als Lucius.
(Beide Vergleichsgegenstände stehen im Akkusativ als Subjekte im ACI;
die verglichene Eigenschaft ist das Adverb prūdentius klüger, das das Verb agere handeln beschreibt,
das wiederum den Vergleichsgegenstand Lucius beschreibt.)
• Der zweite Vergleichsgegenstand steht im Ablativ (Ablativ des Vergleichsgegenstands = Ablātīvus comparātī); z.B.:
÷ Mārcus prūdentior est Lūciō. Marcus ist klüger als Lucius.
÷ Mārcus prūdentius agit Lūciō. Marcus handelt klüger als Lucius.
÷ Mārcum prūdentiorem exīstimō Lūciō. Ich halte (den) Marcus für klüger als (den) Lucius.
÷ Mārcum prūdentius agere exīstimō Lūciō. Ich glaube, dass Marcus klüger handelt als Lucius.
• Der zweite Vergleichsgegenstand ist eine Zweiergruppe, zu der auch der erste Vergleichsgegenstand gehört. Die Gruppe steht entweder im Genitiv (Genitiv der Gesamtheit = Genitīvus totīus = Genitīvus partitīvus) oder im Ablativ mit dē/ex/in oder Akkusativ mit inter; z.B.:
÷ Mārcus et Lūcius imperātōrēs sunt. Mārcus prūdentior est duōrum / ex duōbus.
Marcus und Lucius sind Feldherrn. Marcus ist der klügere der beiden / von beiden.
÷ Mārcus et Lūcius imperātōrēs sunt. Mārcus prūdentius agit duōrum / ex duōbus.
Marcus und Lucius sind Feldherrn. Marcus handelt von beiden klüger.
(6c) Konstruktion beim Superlativ:
Der zweite Vergleichsgegenstand ist eine Gruppe aus mehreren Personen oder Sachen, zu der auch der erste Vergleichsgegenstand gehört. Die Gruppe steht entweder im Genitiv (Genitiv der Gesamtheit = Genitīvus totīus = Genitīvus partitīvus) oder im Ablativ mit dē/ex/in oder Akkusativ mit inter; z.B.:
÷ Mārcus prūdentissimus est omnium imperātōrum / ex omnibus imperātōribus.
Marcus ist der klügste aller Feldherrn / von allen Feldherrn.
÷ Mārcus prūdentius agit omnium imperātōrum / ex omnibus imperātōribus.
Marcus handelt von allen Feldherrn am klügsten.