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Historische Zusammenhänge

Wichtigstes Ereignis dieser Epoche war die Französische Revolution (1789). Das absolutistische Herrschaftssystem wurde entscheidend infrage gestellt; ein neues bürgerliches Bewusstsein griff Platz, der Aufbruch in eine bürgerliche und demokratische Gesellschaft bereitete sich vor.

Mutterland der Aufklärung war England. Der bahnbrechende Theoretiker John Locke (1632-1704) ließ als Erkenntnisquelle nur die Erfahrung gelten; dies bedeutete eine Absage an Theologie und Metaphysik. In England war die Aufklärung besonders erfolgreich: Durch den Sieg des Bürgertums und eine allgemeine gesellschaftliche Liberalisierung sowie durch den Fortschritt der Publizistik aufgrund der Pressefreiheit kam es zum Aufbau einer öffentlichen politischen Kultur. In der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung (1776) berief man sich auf die Ideen der Aufklärung, insbesondere auf die Menschenrechte, d. h. gleiche Rechte und Pflichten für alle. In Frankreich wurde die Aufklärung zu einer geistigen Bewegung, die einer überlebten Gesellschaftsordnung und der sie stützenden katholischen Staatsreligion den Kampf ansagte (Sturm auf die Bastille am 14. Juli 1789). Führende Gestalt unter den französischen Aufklärungsphilosophen war Voltaire (1694-1778). Im Namen von menschlicher Vernunft und Gerechtigkeit forderte er Toleranz, Einfachheit und Menschenwürde.

Kennzeichen der Epoche

Die Grundsätze der Aufklärung, dem Zeitalter der Vernunft oder des Rationalismus, waren vor allem

  • die Überzeugung, dass es eine allen Menschen angeborene Humanität gebe,
  • „knowledge is power“ (Wissen ist Macht) und „cogito, ergo sum“: ich denke (und zweifle), also bin ich,
  • geistige Freiheit.

Die Aufklärung war eine europäische Bewegung mit geistesgeschichtlichen und literaturgeschichtlichen Akzenten. Der Glaube an die Macht der Vernunft und das Fortschrittsdenken schafften ein neues bürgerliches Bewusstsein. Die Vorstellungen von der Autonomie des Menschen und der Bejahung des Diesseits hatten sich seit den ebenfalls europäischen Bewegungen von Renaissance und Humanismus entwickelt.

Der idealtypische Mensch der Aufklärung sah sich nicht mehr als sündiger Mensch (wie im Mittelalter und wie zum Teil noch im Barock), sondern verstand sich als aufgeklärt im Sinne einer verstandesmäßigen vorurteilsfreien Einstellung. Idealtypisch für die Bewegung der Aufklärung waren folgende Aspekte:

  • Das Denken in der Philosophie wurde unabhängig von der Lehre der Bibel oder der Kirchenväter.
  • Die Naturwissenschaften übten auf die Zeit eine starke Faszination aus, weil es hier um Welterkenntnisse ohne Zuhilfenahme traditioneller und religiöser Wahrheiten ging (Newton: Entdeckung der Gravitationsgesetze).
  • Die Offenbarungsreligion wurde infrage gestellt, an ihre Stelle traten eine natürliche Religiosität sowie persönliche Frömmigkeit und Ethik (Pietismus). Im Deismus wurde die Meinung vertreten, dass Gott nur den Schöpfungsakt vollzogen habe und ansonsten nicht mehr in die Welt eingreife.
  • Aus dem Gedanken des Naturrechts wurde abgeleitet, dass alle Menschen, egal welcher Konfession, welcher Rasse, welchen Geschlechts, welchen Alters, mit den gleichen Rechten geboren werden. Aus diesen Menschenrechten erwuchs die Absicht, mit den neuen Erkenntnissen die Öffentlichkeit zu erreichen, zu belehren und darüber aufzuklären, dass die Chance zu einem glücklichen Dasein für alle besteht.

Zur Literatur

Das Wort Aufklärung nahmen die Schriftsteller, mit ihrem ungebrochenen optimistischen Glauben an die Wirkung aufklärerischer Literatur, wörtlich:

  • Die Dichtung sollte den bürgerlichen Leser bzw. Theaterbesucher aufklären,
  • sie sollte der sittlichen Besserung des Zuschauers dienen und Menschenliebe lehren.

Die Sprache der Literatur sollte klar und einfach im Ausdruck und verständlich sein; der überladene, rhetorische Sprachgestus der Barockzeit wurde abgelehnt. Die Literaturformen entsprachen dem analytischen aufklärerischen Nützlichkeitsdenken der Epoche:

Der bedeutendste deutsche Vertreter der Epoche war G. E. Lessing, der die Aufklärung zu seiner Lebensaufgabe machte und der mit seinen Dramen endgültig der deutschen Literatur zum Durchbruch verhalf. Lessing griff in seiner Dramentheorie („Hamburgische Dramaturgie“) auf die Poetik des Aristoteles zurück. Demnach erregt die tragische Handlung Mitleid und Furcht. Dabei werden im Sinne einer Katharsis (Reinigung) Affekte in tugendhafte Fertigkeiten verwandelt und es geht eine moralische Läuterung vor sich. In seinem Schauspiel Nathan der Weise soll der Zuschauer zu der Erkenntnis gelangen, dass nicht die äußere Form (Befolgen dogmatischer Setzungen) die Wahrheit einer Religion ausmacht, sondern diese sich durch ethisch gutes Handeln der Menschen bzw. der Vertreter einer Religion erweist. In der Ringparabel (dem Kern und Mittelstück des Dramas) sind mit den drei Ringen die drei Weltreligionen (Christentum, Judentum, Islam) gemeint. Die Wahrheit, der wahre Glaube, wird nicht in Dogmen offenbar, sondern durch eigenverantwortliches Handeln. Jede der drei Weltreligionen hat ihre geschichtlich bedingte Eigenständigkeit und ist jeweils eine Form des Gottesglaubens.

Auswahl wichtiger Autoren und Werke

Johann Christoph Gottsched (1700-1766): Versuch einer kritischen Dichtkunst vor die Deutschen

Friedrich Gottlieb Klopstock (1724-1803): Der Messias, Oden

Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781): Minna von Barnhelm, Hamburgische Dramaturgie/Schriften zum Theater, Emilia Galotti, Nathan der Weise


Schlagworte

  • #Vernunft
  • #Rationalismus