Juden – Lexikoneinträge
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Antijudaismus, die Feindschaft gegen Juden, die auf religiösen und sozialen Vorurteilen beruht im Gegensatz zum rassistischen Antisemitismus . Der christliche Antijudaismus lebt von der Vorstellung, dass die Juden Jesus nicht als den Erlöser anerkennen wollten und ihn ans Kreuz schlugen. Diesem Vorwurf entkamen sie durch die Taufe. Ab 1144 unterstellte man ihnen Ritualmorde an christlichen Knaben, ab 1290 kursierte der Vorwurf des Frevels mit geweihten Hostien. Während die Juden im Früh- und Hochmittelalter durchaus noch vollberechtigte Bürger waren und innerhalb der Stadt lebten, begann in...
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Antisemitismus , biologisch-rassistische Vorurteile gegenüber Juden im Gegensatz zur traditionellen religiös begründeten Judenfeindschaft. Den Begriff prägte der Journalist Wilhelm Marr (*1819, †1904). Grundgedanken Juden seien aufgrund ihrer minderwertigen Rasse von ausschließlich negativem Einfluss. Diese moderne Form der Judenfeindschaft fand in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in weiten Teilen Europas Verbreitung. Letztlich bildete dieses Denken die Voraussetzung für die nationalsozialistische Ideologie und den grausamen Völkermord an den Juden. Neu an der Ausprägung des...
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Arisierung, die Verdrängung der Juden aus dem deutschen Berufs- und Wirtschaftsleben und deren Ausplünderung während der Zeit des Nationalsozialismus. Jüdisches Grund- und Betriebsvermögen wurde enteignet. Nach der Reichspogromnacht 1938 erfolgte ein generelles Verbot der Führung von Geschäften und Betrieben durch Juden. In Zwangsverkäufen veräußerten jüdische Besitzer ihr Vermögen deutlich unter Wert.
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Aschkenasim, im engeren Sinne die während des Mittelalters in Deutschland lebenden Juden . Spätestens ab der Wende des 13./14. Jahrhunderts wurde mit zunehmender Auswanderung der Juden aus Deutschland der Name auf diese übertragen und umfasste später auch die aus (Nord-)Frankreich, England und Norditalien stammenden Juden. Im neuzeitlichen Polen-Litauen entwickelten die Aschkenasen eine eigene Kultur. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts stellten die Aschkenasen 90 Prozent aller Juden der Welt.
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Central-Verein , 1893 gegründeter Verein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens, mit dem deutsche Juden auf die Zunahme des Antisemitismus reagierten. Der Centralverein, Abkürzung C.V., nahm für sich in Anspruch, den Großteil der in den damaligen Grenzen des Deutschen Reichs lebenden knapp 600.000 Juden zu vertreten. Die Juden waren durch die Verfassung des Deutschen Kaiserreichs von 1871 rechtlich gleichgestellt (Judenemanzipation). Der Verein entwickelte sich recht schnell zur mitgliederstärksten jüdischen Organisation und Interessenvertretung im Kampf um die volle Gleichberechtigung und...
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Deportation, die zwangsweise Verschickung von Menschen von ihren Wohnsitzen in vorbestimmte Aufenthaltsorte durch den eigenen Staat oder eine fremde Besatzungsmacht. Die Deportierten bleiben (anders als bei Ausweisung oder Vertreibung) im Machtbereich des Staates, der die Deportation durchführt. Deportationen dienten vor allem der Beseitigung von nationalen, ethnischen oder politischen Minderheiten. Während des Zweiten Weltkriegs deportierte der NS-Staat über 4,5 Millionen europäische Juden und eine große Anzahl von Angehörigen anderer Bevölkerungsgruppen(z.B. Sinti und Roma, Polen...
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Diaspora, die Zerstreuung einer Glaubensgemeinschaft unter die Bekenner anderer Konfessionen. 135 wurde den Juden der Zutritt nach Jerusalem verboten. Sie verteilten sich in zahlreiche Länder der antiken Welt. Es kam zur Gründung von jüdischen Gemeinden bis nach Indien und Afghanistan. Mit der arabischen Herrschaft über Jerusalem (638) endete das Zutrittsverbot für Juden. Als Volk in der Diaspora gehören die Juden den verschiedensten Kulturen an, beeinflussten sie und wurden von ihnen beeinflusst. Dabei entstand ein Netzwerk jüdischer Gemeinden, das sie als Interkontinentalhändler nutzen. Im 9...
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Getto, Judengettos, Judengassen, separate, durch Mauern und Tore abgeschlossenen Stadtviertel, in denen das Leben der Juden sehr eingeschränkt war und strengen Auflagen unterworfen wurde. Das älteste Getto entstand 1462 in Frankfurt am Main.
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Juden, Angehörige des Judentums . Juden siedelten sich im Mittelalter vor allem in Städten an, wirkten dort am Leben mit, trieben Handel, kauften Häuser und kamen im Alltag ständig mit Christen in Berührung. Als Kaufleute hielten sie über Kontakte zu den jüdischen Gemeinden rund um das Mittelmeer den Handel mit dem Orient aufrecht. Als Nichtchristen waren sie rechtlos, standen jedoch seit der Zeit der Karolinger oft als Gegenleistung für Steuerzahlungen unter dem besonderen Schutz des Königs (z. B. Judenprivileg ). Bedeutende jüdische Gemeinden gab es in Trier, Mainz, Worms und Speyer. Nach...
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Judenprivileg, besondere Rechte für Juden , die im Jahr 1090 Heinrich IV. (*1050, †1106, König seit 1056, römisch-deutscher Kaiser seit 1084) den Wormser Juden zusicherte (Garantien für Landbesitz und bewegliche und unbewegliche Güter). Zudem gab er ihnen das Recht auf Geldwechsel und die Handelsfreiheit im ganzen Reich. Im Kriegsfall waren sie vor Zwangseinquartierungen und Beschlagnahme von Pferden geschützt. Ihnen war das Schwören nach eigenem Recht erlaubt. Die Söhne und Töchter der Juden durften nicht zur Taufe gezwungen werden. Ein freiwilliger Übertritt zum Christentum war nur möglich...
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Judentum, eine der drei monotheistischen Religionen neben Christentum und Islam. Als Religionsgründer gilt Abraham, der ca. 1900 v. Chr. geboren wurde. Die fünf Bücher Moses (Thora) bilden die Heilige Schrift . Gott wird als Jahwe bezeichnet, das Gotteshaus ist die Synagoge , Geistliche heißen Rabbiner . Judentum im Römischen Reich Im Jahr 70 n. Chr. eroberte Kaiser Titus Flavius Vespasianus (*39, †81, römischer Kaiser seit 79); Jerusalem und ließ die Stadt und den Tempel zerstören. Von ihm blieb nur die Stützmauer auf der Westseite, die Klagemauer, übrig. Judäa wird römische Provinz. In Judäa...
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Maimonides, jüdischer Universalgelehrter, der von 1135 bis 1204 lebte. Moses ben Maimon wurde im andalusischen Córdoba geboren, das damals ein bedeutsames politisches und geistig-kulturelles Zentrum war. Nach der Eroberung von Sevilla und Córdoba durch die Almohaden, die die ebenfalls sunnitischen Almoraviden aus Spanien verdrängten, musste die Familie Maimon aus der Stadt fliehen. Sie ließen sich im marokkanischen Fes nieder. Dort studierte Maimonides an der auch für Juden und Christen offenstehenden Universität Philosophie und Medizin. 1165 musste die Familie erneut nach einem Machtwechsel...