Geboren in Prag am 4.12.1875, gestorben in Val-Mont (heute zu Montreux, Schweiz) am 29.12.1926:
Nach einer als schmerzhaft erfahrenen Schulzeit an Militärerziehungsanstalten schlug Rilke nicht, wie sein Vater, die militärische Laufbahn ein, sondern studierte in Prag, München und Berlin Kunst und Literatur. Als freier Künstler begann er zu reisen: nach Russland (mit Lou Andreas-Salomé), Italien, Paris und Kopenhagen. 1900 lernte er in der Malerkolonie Worpswede seine spätere Frau, die Bildhauerin Clara Westhoff, kennen, die er schon 1902 wieder verließ. Zurück in Paris war er kurze Zeit Sekretär des französischen Bildhauers Auguste Rodin. 1911/12 lebte Rilke als Gast der Fürstin Marie von Thurn und Taxis auf Schloss Duino an der Adria. Nach kurzer Militärzeit zog er zum Ende des Ersten Weltkrieges in die Schweiz und lebte dort ab 1922 auf Schloss Muzot im Wallis, wo er später an Leukämie starb.
Rilke zählt zu den einflussreichsten Lyrikern des frühen 20. Jh. Noch ganz der Neuromantik und dem Jugendstil verpflichtet sind die durch die Russlandreisen inspirierten frühen Gedichte und der in 29 kurze Szenen gegliederte Prosatext Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke (1906).
Ein eigenständiger Stil
Nach der Worpsweder Zeit entstanden in Paris Rilkes einziger Roman Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge (1910), ein früher Roman der Moderne im Vorgriff auf James Joyce, Marcel Proust und Franz Kafka, und die Neuen Gedichte (1907; Der neuen Gedichte anderer Teil, 1908). Die bildenden Künstler Rodin und Paul Cézanne wirkten unmittelbar auf die Entwicklung der Dinggedichte in der Sammlung der Neuen Gedichte. Nicht Gefühle, sondern die Präzision der Beschreibung prägte nun die Sprache. Gebäude, Plastiken, Bilder, Tiere und Landschaften wurden unter völliger Zurücknahme des dichtenden Subjekts so beschrieben, dass sie selbst zum Subjekt zu werden scheinen. Rilkes bekanntestes Dinggedicht ist Der Panther (1902 oder 1903), das einen im Zoo hinter Gitterstäben gefangenes Raubtier beschreibt.
Im Mittelpunkt von Rilkes Spätwerk stehen die beiden Zyklen Duineser Elegien (1923) und Die Sonette an Orpheus (1923), die einander ergänzen. Mit hohem sprachlichem Pathos und beziehungsreichem Neben- und Gegeneinander der Motive Vergänglichkeit, Verzweiflung, Schmerz, Tod, aber auch Liebe und Rettung wurde hier eine umfassende Entwicklungsgeschichte des Menschen gestaltet, deren oft schwer verständliche Symbolik zu immer neuen Deutungen geführt hat.