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Als Siedeverzug bezeichnet man die Erscheinung, dass eine Flüssigkeit weit über ihre Siedetemperatur erhitzt werden kann, ohne dass der Siedevorgang einsetzt. Man spricht sie dann eine überhitzte Flüssigkeit.

Zum Siedeverzug kommt es, wenn in der Flüssigkeit oder an der Gefäßwand keine sog. Siedekeime vorhanden sind, das sind kleine Partikel, an deren Oberfläche sich winzige embryonale Gasbläschen bilden können. Je kleiner ein solches Bläschen ist, desto größer ist seine Krümmung und damit seine Oberflächenspannung; daher ist die Energie, die zur Bildung eines kleinen Bläschens – einschließlich der Oberflächenspannung – aufgewendet werden muss, viel größer als die Energie, die zur Erzeugung eines sehr dünnen Films auf einem Partikel oder an den Gefäßwänden benötigt wird. In chemisch sehr reinem Wasser lassen sich durch den Siedeverzug auch bei Normaldruck Temperaturen von bis 270 °C erzielen. Auf den Siedeverzug folgt meist ein explosiver Siedevorgang, bei dem die Temperatur schlagartig auf den Siedepunkt zurückfällt und der sehr gefährlich sein kann.

Beim Phasenübergang fest–flüssig kann eine unterkühlte Flüssigkeit bzw. Schmelze ein analoges Verhalten zeigen. Hier wird in Abwesenheit von Kristallisationskeimen eine Flüssigkeit weit unter ihren Schmelzpunkt gekühlt.

Übrigens: Im Mikrowellenherd kann es leicht zum Siederverzug kommen. Darum Vorsicht beim Herausnehmen einer heißen Tasse Tee – sie könnte bei der leichtesten Berührung schlagartig sieden! Man kann dem vorbeugen, wenn man einen Glasstab oder hitzebeständigen Kunststofflöffel während des Erhitzens im Gefäß lässt. Dessen mikroskopisch raue Oberfläche stellt genügend Siedekeime zur Verfügung. 


Schlagworte

  • #Wärmelehre
  • #Phasenübergänge