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Andere Bezeichnung:  Formtypen des Verbs

 

Definition

Unter „Verbformtypen“ oder „Formtypen des Verbs“ versteht man die Hauptgruppen, in die die Konjugationsformen eines Verbs je nach ihren syntaktischen Eigenschaften eingeteilt werden.

 

Bestand an Verbformtypen

Im Lateinischen wie im Deutschen bildet ein Verb drei Typen von Konjugationsformen:
(1) finite Verbformen (= Personalformen); z.B.: vocat (er/sie/es) ruft, vocāvistī (du) riefst.
(2) Partizipien (= Verbaladjektive); z.B.: vocāns rufend, laudātus gerufen.
(3) Infinitive (= Verbalsubstantive); z.B.: vocāre rufen, vocārī gerufen werden.

Partizipien und Infinitive werden unter der Bezeichnung „Verbalnomen“ oder „infinite Verbformen“ zusammengefasst.
Beachte:  Das Wort „Verbalnomen“ darf nicht mit „Deverbalnomen“ verwechselt werden. „Deverbalnomen“ (< dē verbō vom Verb) bezieht sich auf die Wortbildung: Es bezeichnet ein vom Verb abgeleitetes Nomen; siehe Deverbativ.

 

Worin unterscheiden sich die Verbformtypen?

Die drei Verbformtypen unterscheiden sich voneinander in zwei Punkten:

(1) Sie unterscheiden sich in ihrer Formenbildung, d.h. in den grammatischen Kategorien, die sie durch ihre Endungen ausdrücken können. Jede Art hat ihre Besonderheiten:
• Finite Verbformen können durch ihre Endung unter anderem grammatische Person, (absolutes) Tempus und Modus ausdrücken; z.B.:
÷ Person:  voc-ō (ich) ruf-e, vocā-s (du) ruf-st, voca-t (er/sie/es) ruf-t, usw.
   Tempus:  voca-t (er/sie/es) ruf-t (im Lat. kein besonderes Kennzeichen: Präsens),
      vocā-b-it (er/sie/es) wird rufen (im Lat. Kennzeichen -b-: Futur),
      vocā-v-it (er/sie/es) rief-_ (im Lat. Kennzeichen -v-: Perfekt); usw.
   Modus:  vocat (er/sie/es) ruf-t (im Lat. kein besonderes Kennzeichen: Indikativ),
      vocā-re-t (er/sie/es) rief-e (im Lat. Kennzeichen -re-: Konjunktiv),
      vocā-te ruf-t! (im Lat. Kennzeichen Endung -te: Imperativ)
• Partizipien werden wie Adjektive dekliniert, können also verschiedene Kasus, Numeri und Genera anzeigen; z.B.:
÷ vocāt-us (ein) gerufen-er, vocāt-a (eine) gerufen-e, vocāt-um (ein) gerufen-es oder (einen) gerufen-en, vocāt-ī gerufen-e (Plural), usw.
• Infinitive sind entweder unveränderlich in der Form oder sie können dekliniert werden. Ihre Deklination kann dann zwar verschiedene Kasus anzeigen, ist aber auf den Numerus Singular und das Genus Neutrum festgelegt. Z.B.:
÷ vocā-re (unveränderlich) ruf-en, voca-nd des Ruf-en-s (im Lateinischen ein echter deklinierbarer Infinitiv, im Deutschen nur ein substantivierter Infinitiv, der als Substantiv dekliniert werden kann).

Genaueres über die grammatischen Kategorien, welche die finiten Verbformen, die Partizipien, die unveränderlichen Infinitive und die deklinierbaren Infinitive ausdrücken können, findest du unter Konjugation sowie unter finite Verbform, Partizip und Infinitiv.

(2) Sie unterscheiden sich in ihren Verwendungsmöglichkeiten im Satz; das nennen wir „syntaktischen Wert“ oder kurz „Satzwert“.
• Finite Verbformen können Hauptsätze und Nebensätze bilden.
• Partizipien und Infinitive können (im Normalfall) nur Nebensätze bilden. Die Sprache hat sie als Nebensatzkennzeichen erfunden.
• Partizipien übernehmen adjektivähnliche Funktionen im übergeordneten Satz, sie können unter anderem Attributsätze bilden.
• Infinitive übernehmen substantivähnliche Funktionen im übergeordneten Satz und können unter anderem (im Gegensatz zu finiten Verbformen und Partizipien) subjektlose Nebensätze bilden.
Genaueres zu den Satzkonstruktionen der Partizipien und Infinitive mit Beispielen findest du unter Infinitivsatz und Partizipialsatz.

Der Satzwert ist das wichtigere Kriterium zur Unterscheidung von Verbformtypen, da es deklinierbare und nicht deklinierbare Infinitive zusammenfassen kann, deklinierbare Infinitive von Partizipien unterscheiden kann (wie bei Gerundium und Gerundiv) und außerdem auf alle Sprachen anwendbar ist.