Der Spin (von engl. to spin „(sich) drehen“) \(\vec S\) ist das quantenphysikalische Analagon des Eigendrehimpulses, also des Drehimpulses bezüglich der eigenen Körperachse. Es gibt allerdings wesentliche Unterschiede zwischen dem Spin und einem klassischen Drehimpuls:
- Auch punktförmig gedachte Teilchen wie das Elektron, die definitionsgemäß kein Trägheitsmoment haben, besitzen trotzdem einen Spin,
- Es gibt Teilchen, die erst nach zwei Spin-„Umdrehungen“ wieder ihren Ausgangszustand erreichen.
Der Spin ist auch in der Quantenmechanik ein Vektor, besitzt also einen Betrag und eine räumliche Orientierung. Sowohl der Betrag S als auch die Richtung von \(\vec S\) können allerdings nicht beliebige Werte annehmen, sondern sind gequantelt. S ist immer ein ganz- oder halbzahliges Vielfaches des (reduzierten) Planck’schen Wirkungsquantums \(\hbar\):
\(S = s \cdot \hbar \quad (s = 0,\, \dfrac 1 2,\, 1,\, \dfrac 3 2,\, \ldots)\)
s ist die Spinquantenzahl. Oft wird auch – etwas ungenau – die Spinquantenzahl selbst als Spin bezeichnet; man sagt etwa, ein Elektron habe „den Spin 1/2“ (statt: „es hat den Spin \(\hbar/2\)“).
Bei einem gegebenen Wert von s kann der Spin nur in 2s + 1 verschiedenen Richtungen gemessen werden. Ein Elektron mit s = 1/2 hat also nur zwei mögliche Richtungswerte – diese werden oft mit „up“ und „down“ oder „\(\uparrow\)“ und „\(\downarrow\)“ bezeichnet.
Spin und quantenmechanischer Bahndrehimpuls können zu einem (quantenmechanischen) Gesamtdrehimpuls zusammengefasst werden. Der Spin eines zusammengesetzten Teilchens ist der Gesamtdrehimpuls aller Komponenten. Daher können z. B. Atomkerne große Spinwerte von 9/2 (73Ge), 11/2 (125Sn) oder sogar 7 (176Lu) haben.
Spin und Bahndrehimpuls tragen zusammen zum magnetischen Moment eines atomaren Teilchens bei. Mithilfe der magnetischen Momente von Elektronenzuständen ohne Bahndrehimpuls wurde der Spin erstmalig nachgewiesen. Die magnetische Wechselwirkung von Elektronen- und Kernspins führt zu einer geringfügigen Aufspaltung von bestimmten Spektrallinien, die bei der Elektronenspinresonanz oder in der Kernspintomografie ausgenutzt wird.
Teilchen mit ganzzahligem (s = 0, 1, 2, ...) Spin nennt man Bosonen (z. B. Photon, Alphateilchen oder Pion), solche mit halbzahligem S. (\(s = \dfrac 1 2,\, \dfrac 3 2,\, \dfrac 5 2,\, \ldots\)) Fermionen. Eines der besonders geheimnisvollen Grundgesetze der Physik besagt, dass zwei Fermionen nie in allen Quantenzahlen übereinstimmen dürfen, während das für Bosonen kein Problem darstellt. Angewandt auf die Elektronen in der Atomhülle nennt man dies das Pauli-Prinzip.