Dass Kinder vor einer anstehenden Prüfung oder einem Auftritt nervös sind, ist ganz normal. Auch im Erwachsenenalter kommt es noch vor, dass vor einem Test oder einem Bewerbungsgespräch die Hände zittern. Damit möchten wir dir jetzt keine Angst machen. Denn dieser Stress ist in einem gewissen Maß leistungssteigernd, weil die Hormone Adrenalin und Kortisol die Sauerstoffversorgung und die Denkleistung verbessern. Bei manchen Personen ist diese Angst aber so ausgeprägt, dass sie in Panikattacken oder Blackouts endet. Das ist ein typischer Fall von Prüfungsangst.
Wenn die Angst vor oder während einer Prüfung so stark ist, dass sie die Leistungsfähigkeit des Prüflings beeinträchtigt, spricht man von Prüfungsangst. Dahinter steckt die Furcht vor der Bewertung der eigenen Leistung. Die Betroffenen fürchten sich davor, sich vor anderen zu blamieren und zu versagen. Diese Angst hindert sie daran, ihr Wissen oder ihr Können in einer Prüfung unter Beweis zu stellen. Es kann also gut sein, dass der Schüler oder die Schülerin das Abgefragte durchaus weiß und gelernt hat. Die Prüfungssituation blockiert aber den Zugang zu diesem Wissen.
Prüfungsstress kann sich auf verschiedenen Ebenen äußern: körperlich, in Gedanken und Gefühlen oder im Verhalten. Jedes Kind reagiert etwas anders. Der Körper kann mit Herzrasen, Zittern, Schwitzen, Kopf- oder Bauchschmerzen oder auch Schwindelgefühlen und Übelkeit antworten. Im schlimmsten Fall mündet die Prüfungsangst in einen Blackout. Hierbei blockiert sowohl das Kurz- als auch das Langzeitgedächtnis den Zugriff auf seine Inhalte. Aber auch die Gedanken- und Gefühlswelt spielt eine Rolle. Selbstzweifel, Angst, Ärger, Mutlosigkeit und Pessimismus können auf Prüfungsangst hindeuten. Auf der Verhaltensebene gibt es als Zeichen für Prüfungsangst meist zwei Extreme. Die einen lernen möglichst intensiv, um bestmöglich vorbereitet zu sein, die anderen vermeiden das Lernen dagegen ganz, um nicht mit der Angst umgehen zu müssen. Die vielfältigen Symptome machen es besonders schwierig zu unterscheiden, ob es sich um ein leistungsförderndes Lampenfieber oder um die gefürchtete Prüfungsangst handelt. Die folgende Checkliste kann dir dabei helfen herauszufinden, ob du unter Prüfungsangst leidest:
- Hast du bereits beim Vorbereiten auf eine Prüfung Angst vor ihrem Ausgang?
- Suchst du bei der Vorbereitung oft Ablenkung und vermeidest das eigentliche Lernen?
- Stellst du dir oft vor, dass du in einer Prüfung versagst und durchfällst?
- Denkst du manchmal, du bist zu doof für ein bestimmtes Fach oder ein Thema?
- Vermeidest du es, vor der Klasse oder vor anderen Menschengruppen etwas vorzutragen? Fühlst du dich dabei unwohl, obwohl du das Thema gut kennst?
- Kannst du dir Dinge beim Lernen oft schlecht merken?
- Bist du generell ängstlich oder fühlst dich hilflos?
- Fühlst du dich häufig überfordert, kommt dir der Lernstoff zu viel oder zu groß vor?
- Hast du bei Prüfungen oder Vorträgen schon schlechte Erfahrungen gemacht?
- Hast du dich aus Angst schon mal vor einer Prüfung gedrückt? Zum Beispiel so getan, als seist du krank?
- Schläfst du vor Prüfungstagen besonders schlecht?
- Schiebst du das Lernen oft auf und lernst erst in letzter Minute?
- Glaubst du, die Lehrerin oder der Lehrer mag dich eh nicht?
- Hast du Angst, dich vor den anderen in deiner Klasse zu blamieren?
- Hattest du schon mal vor oder während einer Prüfung Kopfschmerzen, Übelkeit, Schwindelgefühle, Appetitlosigkeit oder Herzrasen?
- Glaubst du, deine Eltern wären enttäuscht von dir, wenn du eine schlechte Note bekommst?
- Hast du Angst davor, in einer Prüfung nicht alle Aufgaben zu schaffen?
- Kommen bei den Klassenarbeiten eh immer die Themen dran, die du nicht kannst? Hast du häufig Pech?
- Hältst du es für eine Katastrophe, wenn du einen Test nicht bestehst?
- Hattest du schon mal ein Blackout und wusstest plötzlich gar nichts mehr?
- Hast du schon mal eine Prüfung abgebrochen?
- Wirst du häufig rot, wenn du vor anderen Personen etwas gefragt wirst?
Hast du bei dieser Checkliste mehr als 5 Fragen mit Ja beantwortet, solltest du deiner Prüfungsangst mit unseren Tipps entgegenwirken. Hast du mehr als 10 Fragen mit Ja beantwortet, solltest du dir qualifizierte Hilfe holen. Mit dieser Liste bieten wir dir nur Anhaltspunkte, wie stark Prüfungsangst bei dir ausgeprägt ist. Sie ersetzt keine professionelle ärztliche oder psychologische Diagnose.
Ähnlich vielfältig wie die Symptome sind auch die Gründe, aus denen Prüfungsangst entstehen kann. Bei vielen Kindern entwickelt sie sich aus schlechten Erfahrungen. Sie haben sich schon mal vor ihren Freundinnen oder Freunden blamiert oder bei einem Test versagt. Aus diesen Misserfolgen leiten sie die Ergebnisse von zukünftigen Prüfungssituationen einfach ab. Sie fürchten, das Erlebte noch einmal durchzumachen, und haben große Selbstzweifel. Den Kindern mangelt es an Selbstvertrauen.
Perfektionismus kann ebenfalls zu Prüfungsangst führen. Dann haben die Schulkinder sehr hohe Ansprüche an sich selbst und wollen ihre beste Leistung zeigen. Das baut hohen Erwartungsdruck auf und steigert die Nervosität vor den Klassenarbeiten. Dieser Druck kann in anderen Fällen auch von außen kommen. Deine Eltern erwarten gute Noten und du möchtest sie nicht enttäuschen. Deine Oma kauft dir das neue Handy nur, wenn du eine 1 in Mathe schreibst. Das erzeugt zusätzlichen Stress bei dir und kann Auslöser von Prüfungsangst sein.

Hier geben wir dir ein paar Tipps an die Hand, wie du deine Prüfungsangst überwinden kannst. Eingeteilt sind unsere Ratschläge nach Maßnahmen, die du vor der Prüfung ausprobieren kannst, und Maßnahmen, die direkt in der Testsituation helfen.
Vor der Prüfung
- Prüfungsvorbereitung: Lernen in letzter Sekunde steigert den Lernstress. Um Prüfungsangst zu vermeiden, ist es wichtig, frühzeitig mit dem Lernen zu beginnen. Teile dir den Unterrichtsstoff in kleine Portionen und mach genügend Pausen. Jede geschaffte Portion ist ein motivierendes Erfolgserlebnis. Kurz vor der Prüfung solltest du dann nichts Neues mehr lernen, sondern nur noch mal die wichtigsten Dinge wiederholen.
- Lernumgebung: Häufig beginnt die Nervosität bereits beim Lernen für eine Klassenarbeit oder der Vorbereitung auf ein Referat. Dagegen kann helfen, dass du dir eine angenehme Lernumgebung schaffst. Du solltest gern an deinem Schreibtisch sitzen. Vielleicht helfen dir ein paar Pflanzen oder Lernutensilien in deinen Lieblingsfarben.
- Wie geht es anderen: Du hast das Gefühl, die Prüfungen fallen nur dir so schwer? Das ist sehr unwahrscheinlich. Frag doch mal bei deinen Eltern nach, wann sie das letzte Mal Angst vor einer Prüfung hatten und was sie dagegen gemacht haben. Wenn dir bewusst wird, dass es auch anderen so geht, senkt sich dein Stresslevel.

- Übung macht den Meister: Spiel zu Hause die gefürchtete Situation nach. Probe das Referat beispielsweise vor deinen Geschwistern. Oder übe mit einer Originalklassenarbeit unter möglichst realen Bedingungen. Je häufiger du die Testsituation erlebst, desto mehr Routine bekommst du. Das lässt dich besser mit deiner Prüfungsangst umgehen.
- Glaub an dich! „Das kriege ich eh nicht hin!“ „Für Mathe bin ich einfach zu schlecht!“ Wenn dich solche Gedanken plagen, brauchst du dringend einen Schub für dein Selbstvertrauen. Setz dich mit deinen Eltern oder deiner besten Freundin oder dem besten Freund zusammen und überleg, was du gut kannst. Schreib deine Stärken auf ein Plakat und häng es gut sichtbar in deinem Zimmer auf. Jedes Mal wenn du draufschaust, werden deine Selbstzweifel ein Stück kleiner.
- Schlaf, Kindlein, schlaf: Ausreichend Schlaf ist besonders vor einer anstehenden Prüfung wichtig. Beim Schlaf verarbeitet das Gehirn das Gelernte und der Stoff kann sich besser festsetzen. Schlafmangel dagegen stört die Konzentrationsfähigkeit und Belastbarkeit. Das hilft vor einer ungeliebten Klassenarbeit natürlich wenig.
- Ängste aufschreiben: Versuche herauszufinden, woher deine Prüfungsangst genau kommt: Wovor genau fürchtest du dich? Was denkst du, was passiert, wenn du die anstehende Leistungskontrolle nicht oder nicht gut bestehst? Wenn du dir diese Sorgen kurz vor der Prüfung von der Seele schreibst, ist dein Kopf wieder etwas freier, sich auf den bevorstehenden Test zu fokussieren.
Bei der Prüfung
- Guter Einstieg: Fang mit den Aufgaben an, die dir am leichtesten fallen. Das gibt dir gleich zu Beginn ein gutes Gefühl und lässt dich positiver an den Rest der Fragen rangehen. Es hilft außerdem, die anderen Aufgaben mit einem Blatt abzudecken. Dann wirkt der Test gleich viel kürzer und machbarer.
- Bewusst atmen: Steigt die Panik in dir auf, beginnst du schnell und flach zu atmen. Die Prüfungsangst erschwert dadurch die Sauerstoffversorgung deines Gehirns. Auch bei einem Blackout hilft eine einfache Atemübung: Atme ganz bewusst und langsam. Leg dir dazu deine Hand auf den Bauch und versuche, genau dorthin zu atmen. Dein Kreislauf wird sich beruhigen und dein Gehirn bekommt genügend Sauerstoff.
- Maskottchen: Wenn du in einem Test ständig darüber nachdenkst, wie du ihn versaust, landest du in einem Teufelskreis. Die negativen Gedanken der Prüfungsangst erhöhen den Stress und die Prüfungsangst steigt weiter. Da hilft es, wenn du deine Aufmerksamkeit kurz auf etwas ganz anderes lenkst. Ein Maskottchen kann dir dabei helfen und dich daran erinnern. Das kann zum Beispiel der Schlüsselanhänger von der besten Freundin sein oder das Trikot deines Lieblingsvereins. Wichtig ist aber, dass du mit deinen Gedanken nicht völlig abdriftest, sondern nach kurzer Ablenkung wieder zu den Prüfungsfragen zurückkehrst.
- Kurz vor der Prüfung: Starte den Prüfungstag mit einem gesunden Frühstück. Die Nährstoffe bereiten dich gut auf den bevorstehenden Stress vor. Achte auch darauf, dass du rechtzeitig zu der Arbeit in der Schule bist. Wenn man abgehetzt und vielleicht zu spät zu einer Prüfung erscheint, startet man gleich sehr gestresst in die Situation. Vermeide es, dich vor dem Klassenzimmer von deinen Mitschülerinnen und Mitschülern nervös machen zu lassen. Häufig werden hier noch mal die letzten Fragen gestellt oder Vokabeln wiederholt. Das kann dich verunsichern, obwohl du gut vorbereitet bist. Stell dich lieber etwas abseits und konzentriere dich auf deine Atmung oder auf deine Stärken, die zu Hause über deinem Schreibtisch hängen. Das entspannt.
- Kick für das Selbstvertrauen: Anstatt darüber nachzudenken, was alles schieflaufen kann oder bei dir schon mal schiefgelaufen ist, erinnere dich lieber an eine Situation in der Vergangenheit, die du erfolgreich geschafft hast. Das muss nicht in der Schule gewesen sein, du hattest sicher auch schon Erfolgserlebnisse bei deinen Hobbys oder in deiner Freizeit. Spüre das Selbstvertrauen, das dir diese Erinnerung gibt, wenn du mal wieder mit Prüfungsangst zu kämpfen hast.

Diese zahlreichen Tipps helfen dir, deinen Prüfungsstress zu bremsen. Wichtig ist, dass du dir Zeit gibst. Von heute auf morgen wird deine Prüfungsangst nicht komplett verschwinden. Sei geduldig mit dir und freu dich über jede Verbesserung deiner Angst in einer Prüfungssituation. Auf jeden Schritt kannst du stolz sein. 💪