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Geboren in Marbach am Neckar am 10.11.1759, gestorben in Weimar am 9.5.1805:

Zu Beginn seiner literarischen Tätigkeit schrieb Friedrich Schiller, der zu den bedeutendsten deutschen Dichtern zählt, im enthusiastischen Ton des Sturm und Drang. Als entschiedener Vertreter der Aufklärung beschäftigte er sich später auch mit Geschichte, Ästhetik und Moralphilosophie. Sein literarisches Spätwerk, entstanden im engen Austausch mit Johann Wolfgang von Goethe, ging als Teil der Weimarer Klassik in die deutsche Literaturgeschichte ein.

Freiheitsdrang

Johann Christopher Friedrich von Schiller wurde  als Sohn eines Arztes, der Hauptmann im Dienst des württembergerischen Herzogs Karl Eugen war, geboren. Der Herzog bestimmte auch über das Schicksal des Sohnes und schickte den Jungen, der eigentlich Theologe werden wollte, nach der Volksschule auf die Militärakademie in Stuttgart. Dort besuchte Schiller erst die juristische, dann die medizinische Fakultät. Das autoritäre Klima der Schule, in der die Schüler sich gegenseitig bespitzelten, bestärkte den Freiheitsdrang des sensiblen und eher schüchternen jungen Schiller. 1780 wurde Schiller Regimentsmedikus in Stuttgart: Er litt unter der strengen Disziplin im Heer sowie der schlechten Bezahlung und galt als wilder Mensch und Trinker.
Schon als Schüler versuchte sich Schiller an Gedichten und dramatischen Entwürfen. 1781 veröffentlichte er - anonym und im Selbstverlag - Die Räuber. Gegen den Willen seines Herzogs reiste Schiller zu der Uraufführung 1782 nach Mannheim. Die Aufführung war ein überraschender Erfolg, und Schiller entschloss sich, seinen Dienst zu quittieren und aus Württemberg zu fliehen. In den folgenden Jahren schlug er sich, geplagt von Geldsorgen und häufig schweren Krankheiten, als freier Dichter bei Freunden und Gönnern durch, bis er Ende der 1780er-Jahre Professor für Geschichte in Jena wurde. Dort lebte er von Stipendien, heiratete 1790 Charlotte von Lengefeld und wurde Vater von vier Kindern; 1799 siedelte er nach Weimar über, um Goethe näher zu sein, mit dem ihn eine enge Freundschaft verband. Dort verstarb er 1805, schwer lungenkrank, mit 45 Jahren in Weimar.

Überraschender literarischer Erfolg

Schon Schillers Erstling Die Räuber zeigte sein dramatisches Talent. Es ist die Geschichter der beiden ungleichen Brüder Karl und Franz Moor. Franz Moor, der Zweitgeborene und Hässliche, hadert mit seinem Schicksal:

Ich habe große Rechte, über die Natur ungehalten zu sein, und bei meiner Ehre! ich will sie geltend machen. - Warum bin ich nicht der Erst aus dem Mutterleib gekrochen? Warum nicht der Einzige? Warum musste sie mir diese Bürde von Hässlichkeit aufladen? Gerade mir?

(1. Akt, 1. Szene)

Er begeht an seinem Bruder Karl großes Unrecht, wofür dieser Rache nimmt. Indem sich Karl der Justiz stellt, mündet das Freiheitspathos jedoch wieder in der Anerkennung von Moral und göttlich legitimierter Ordnung.
Die Gegensätze zwischen dem bürgerlich-menschlichen Herzen und der höfischen Intrige, den echten Empfindungen und dem politischen Kalkül, der Aufrichtigkeit und der Täuschung und Manipulation finden sich auch in den folgenden Dramen Schillers, sei es das Trauerspiel über die tragische Liebesgeschichte zwischen dem Adeligen und der Bürgerstochter Kabale und Liebe (1784), sei es das Liebes- und Freundschaftsdrama Don Carlos (1787).

Vom Sturm und Drang zur Klassik

Die Arbeit am Don Carlos weckte Schillers Interesse an der Geschichte. Er schrieb große historische Abhandlungen, und nahezu alle folgenden Dramen thematisieren historische Stoffe. So ist die Dramentrilogie Wallenstein (1798/99), mit der Schillers klassische Phase begann, angeregt durch Schillers Auseinandersetzung mit dem Dreißigjährigen Krieg. Das Drama handelt von dem Schicksal Wallensteins, des Obersten Kaiserlichen Feldherrn, dessen Versuche, einen Reichsfrieden zu schaffen, als Hochverrat ausgelegt wurden, woraufhin er 1634 ermordet wurde. Die Gesellschaftskritik der Sturm-und-Drang-Dramen wurde zu dieser Zeit längst abgelöst durch die Fragen nach dem Zusammenhang zwischen Ästhetik und Moral, zwischen Neigung und Pflicht, zwischen sinnlicher Erfahrung und rationaler Vernunft. Mit Wallenstein schuf Schiller eines der ersten historischen Dramen der neueren Literatur.

Ästhetik im Dienst der Freiheit

1791 hatte Schiller begonnen, sich ausgiebig mit dem Philosophen Immanuel Kant zu beschäftigen. Schon sein dramentheoretischer Aufsatz Die Schaubühne als eine moralische Anstalt betrachtet (1785) hatte den moralisch-nutzbringenden Zweck des Theaters hervorgehoben: Das Theater soll die Menschen erziehen. In seinen ästhetischen Schriften (Über Anmut und Würde, 1793; Über die ästhetische Erziehung des Menschen in einer Reihe von Briefen, 1795; Über naive und sentimentale Dichtung,1796) versuchte Schiller, den abstrakten moralischen Pflichtbegriff Kants mit der sinnlichen Natur des Menschen zu versöhnen. Schillers vom Studium der Antike beeinflusstes Ideal ist der ganzheitliche Mensch, der sich zur vollen inneren Selbständigkeit und Freiheit gebracht hat, gleichermaßen der Vernunft wie den Gefühlen gehorchend. Dabei hilft die Kunst, denn in ihr sollen sich das intellektuelle und das sinnliche Moment die Waage halten. Die Kunst führt den Menschen zur geistigen Freiheit, indem sie zur Reflexion anregt, und nicht, indem sie moralische Lehren und Handlungsanleitungen vorgibt. In dem Gedicht Der Künstler (1789) heißt es:

Der Dichtung heilige Magie

Dient einem weisen Weltenplane
Still lenke sie zum Ozeane
Der großen Harmonie

In Schillers ästhetischen Schriften treten die Leitideen der gemeinsamen Schaffensperiode von Goethe und Schiller besonders deutlich hervor: Harmonie und Humanität. Dem entspricht eine Kunst, die sich an Vorstellungen wie Klarheit, Reinheit, Maß, Vollendung, Übereinstimmung von Mensch und Natur, Individuum und Gesellschaft, Inhalt und Form orientiert. An die Stelle des revolutionären Pathos des Sturm und Drang tritt die Vermeidung von Extremen jeder Art.
Goethe und Schiller hatten sich nach Schillers Übersiedlung nach Jena nur langsam angenähert; ab 1794 verband sie jedoch eine äußerst produktive Freundschaft. Gemeinsam schrieben sie eine Reihe von Balladen, die 1797 in einem Sammelband erschienen: Von Schiller sind beispielsweise Der Taucher, Der Handschuh und Die Bürgschaft enthalten. Mit der populären Form der Ballade wollten Goethe und Schiller ihr idealistisches Kunstverständnis volkstümlich vermitteln: Die Gestalten und Geschehnisse in den Gedichterzählungen erscheinen als Repräsentanten einer tragenden Idee.
Auch das späte dramatische Schaffen von Schiller folgte dem Ziel der ästhetischen Erziehung, das er nun am besten mit der strengen und geschlossenen Form der klassischen Tragödie zu erreichen glaubte. Dramen wie Maria Stuart (1800) oder Die Jungfrau von Orleans (1801) sind nicht in bürgerlichen Kreisen angesiedelt wie das bürgerliche Trauerspiel Kabale und Liebe, sondern vermitteln ihre gleichwohl bürgerliche Moral anhand eines Personals, das ganz dem aristokratischen Umfeld entstammt.

Individuelle Freiheit und kollektive Ordnung

In Schillers letzem vollendeten Drama Wilhelm Tell (1804) erscheint noch einmal, klassisch gebändigt, das Freiheitspathos aus Schillers Frühwerk. Wilhelm Tell verarbeitet verschiedene Legenden über den Kampf der Schweizer gegen die Fremdherrschaft der Habsburger.
Tell ist nicht mehr der naive, impulsive Selbsthelfer und Naturmensch, wie es Karl Moor gewesen ist, sondern ein Freiheitskämpfer, der überlegt und politisch handelt. Am Ende entspringt aus der Solidarität des Einzelnen, des Volkes und des Adligen die Freiheit aller. Die gestörte Naturidylle wird auf einer höheren Ebene wiederhergestellt. Schiller verdeutlicht hier noch einmal seine Utopie einer Welt, in der Individuum und Kollektiv, Mensch und Natur in eine harmonische Ordnung treten.

Schillers Wirkung seit dem 19. Jahrhundert

Schillers Figuren, sei es in den Balladen, den Dramen oder den wenigen Prosawerken, verfügen durchweg nicht über einen wirklichkeitsnah ausgestalteten Charakter oder eine reiche Psyche, sie sind vielmehr Träger von Ideen. Die Dichter der nachfolgenden Generation im 19.Jh., denen es um die Darstellung von Charakteren ging, lehnten Schillers Dramen deshalb ab. So meinte Georg Büchner, "Idealdichter" wie Schiller hätten "fast nichts als Marionetten mit himmelblauen Nasen und affektiertem Pathos, aber nicht Menschen von Fleisch und Blut erschaffen." Auch die Romantiker sahen Schillers Werk eher kritisch.

Insgesamt wurde Schiller jedoch - noch mehr als Goethe - im 19.Jh. sehr populär und als deutscher Nationaldichter verklärt und vereinnahmt. Bereits während der Befreiungskriege gegen Napoleon I. (1813-15) diente er als Kronzeuge für das Deutschtum. Mit Bezug auf Schiller und die deutsche Klassik wurden die Deutschen als Volk der Dichter und Denker bezeichnet.

Die Tradition einer nationalistischen Interpretation von Schillers Werk reicht bis in den Nationalsozialismus. Doch Schillers Werk enthält auch zahlreiche Elemente, die sich der nationalistischen Vereinnahmung widersetzten. So gab es während der nationalsozialistischen Herrschaft ein Aufführungsverbot des Wilhelm Tell. Ob Konservative oder Liberale, Monarchisten oder Republikaner, Reaktionäre oder Sozialisten: Alle haben im Lauf des 19. und 20. Jh. den Klassiker Schiller für sich reklamiert.


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