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Merkmale

Die Rede ist die gebräuchlichste Form des öffentlichen Sprechens. Im Vergleich zur dialogischen Gesprächssituation ist die Redesituation eher monologisch. Die Redekunst (Rhetorik) hat eine lange Tradition. In der Antike wurde der rhetorischen Ausbildung ein bedeutender Stellenwert zugemessen. Diese Tradition gilt in ihren wesentlichen Merkmalen noch heute und hat sogar im angelsächsischen Bereich eine lebhafte Erneuerung erfahren. Man kann heute noch (grob) die folgenden drei Arten der öffentlichen Rede unterscheiden:

  • die Feier- oder Festrede (genus demonstrativum, von lat. demonstrare = zeigen):
Erinnerung an ein bestimmtes Ereignis oder Feiern eines bestimmten Anlasses (nationaler Feiertag, Geburtstag, Entlassung in den Ruhestand)
  • die Gerichtsrede (genus iudiciale, von lat. iudicialis = gerichtlich):
Reden des Anklägers bzw. Verteidigers vor Gericht, um ihre Argumente darzulegen
  • die argumentative Form der Rede (genus deliberativum, von lat. deliberare = abwägen, überlegen):
Auseinandersetzung über strittige Fragen in der Form des Pro und Kontra; der Redner verfolgt das Ziel, den Zuhörer zu überzeugen bzw. für sich zu gewinnen (z.B. in der politischen Auseinandersetzung).

Bei der Orientierung an dem Kommunikationsmodell von Karl Bühler (Funktionsbeschreibung des sprachlichen Zeichens) lassen sich folgende Kennzeichnungen einer Rede unterscheiden:

Ausdruck:
Reden bei denen die Befindlichkeit des Redners im Mittelpunkt steht (Fest- und Feierreden)
Darstellung:
Reden, in denen der Gegenstand im Mittelpunkt steht (wissenschaftlicher Vortrag, Referat über ein fachliches Thema)
Appell:
Reden, die sich an bestimmte Zuhörer richten mit dem Ziel, an diese zu appellieren und sie zu etwas aufzufordern

 


Die politische Rede

Die politische Rede ist eine besondere Form der Rede, weil es hier vor allem darum geht, dass der Redner sein Publikum im Sinne seiner politischen Vorstellungen beeinflusst und sich zugleich von denen Positionen seiner Gegner absetzt. Außerdem soll seine Partei in gutem Licht erscheinen. Es geht also nicht wie bei anderen Redeformen (Statement, Vortrag, Kurzreferat) darum, das Wissen der Zuhörer zu erweitern, sondern eher darum, auf deren Einstellungen und Verhaltensweisen einzuwirken. Politikern wird oftmals unterstellt, dass sie zwei Sprachen benutzen: eine für die Öffentlichkeit, die andere für den internen Gebrauch.

Formen politischer Rede

Parlamentsrede oder Parteienrede

Merkmale:

  • Emotionalität der Sprache
  • politische Schlag- und Reizwörter, die im gruppenspezifischen Sinne die Parteizugehörigkeit kennzeichnen
  • Fachbegriffe der Verwaltung bzw. Rechtsprechung

 

Massenrede

Merkmale:

  • Bestätigung der eigenen Position und Abwertung der anderen
  • am Schluss oft Gefühls- oder Handlungsappell
  • sprachlich-rhetorische Wirkungsmittel überlagern oft sachlich-inhaltliche Aussagen
  • oft Stilmittel der Wiederholung, um Botschaften einzuprägen
  • semantische Unschärfe des Schlagworts
  • emotionale Lenkung des Publikums
  • eindeutige Wertungen
  • übertreibende Verallgemeinerungen
  • Appell an Gefühle mithilfe stereotyper Formulierungen
  • Schlüsselwörter (z. B. das Wort "fanatisch" in Reden über den Nationalsozialismus)
  • Verwendung außersprachlicher Zeichen (Fahne, Marschmusik, Spruchband)

 

Fernsehansprache

Sie gilt als moderne Form der Massenrede; hier fehlt allerdings der direkte Kontakt zwischen Sprecher und Zuhörer; dieser wird beim Fernsehzuschauer oft ersetzt durch pseudointime Wirkungsmittel wie persönliche Anrede oder "Augenkontakt" (Nahaufnahme).

Wirkungsmittel und Strategien politischer Rede

Neben den rhetorischen Figuren sind es in politischen Reden vor allem die folgenden Redeweisen, die dem Redner zum Erfolg verhelfen sollen:

Aufwertung der eigenen Seite, Gruppe, Partei:

  • Eigene Verdienste werden hervorgehoben und Fehler verschwiegen.
  • Der eigene Standpunkt und die eigene Gruppe erhalten Eigenschaften und Begriffe mit positiven Nebenbedeutungen zugeschrieben (z.B. Solidarität, Demokratie, Verlässlichkeit, Solidität, Freiheit, Kompetenz).
  • Interessen, die in Wirklichkeit der eigenen Gruppe nützen, werden als uneigennützig ausgegeben (z.B. die Umwelt zu schützen, den Aufbau von Atomkraftwerken zu fördern).
  • Man beruft sich auf bekannte Autoritäten (Wissenschaftler, Politiker, das Grundgesetz, die Bibel).
  • Man versucht, die eigene Politik als vernünftig und ohne Alternativen darzustellen.

 

Abwertung der gegnerischen Seite

  • Die ungünstige Seite wird hervorgehoben, die günstige Seite abgeschwächt.
  • Einzelne Schwächen werden verallgemeinert.
  • Fehler des Gegners werden übertrieben.
  • Begriffe mit negativen Nebenbedeutungen werden dem Gegner zugeordnet (z. B. Inflation, Arbeitslosigkeit, Abbau sozialer Sicherheit, Zerstörung der Natur).
  • Zitate des Gegners werden verzerrt und dadurch kritisch dargestellt.

 

Beschwichtigen (Verwischen klarer Positionen, sich herausreden)

  • Es werden Hinweise auf gleiche Interessen gegeben: "Wir sitzen alle im gleichen Boot."
  • Widersprüche werden verschwiegen: sowohl ... als auch.
  • Es werden allgemeine Weisheiten und Redensarten verwendet.
  • Es wird auf höhere Gewalt oder Schicksal verwiesen.

 

Bedrohen

  • Es wird versucht, den Gegner einzuschüchtern, indem bestimmte Gefahren übertrieben werden.
  • Alternativen werden verschwiegen bzw. als negativ und gefährlich gekennzeichnet.

Statement

Hierbei handelt es sich um eine offizielle Erklärung, die Antwort gibt auf eine Anfrage.

  • Der Antwortende gibt sachliche Erklärungen ab.
  • Es werden keine persönlichen Formulierungen verwendet.
  • Es herrscht Fachsprache vor.
  • Rhetorische Figuren fehlen in der Regel.

Vortrag

Ein Vortrag kann verschiedenen Zielen dienen. Beim Fachvortrag hat der Redner - wie beim Referat - das Ziel, fachliche Informationen zu geben. Er wendet sich dabei an ein Publikum, das bereits fachliche Vorkenntnisse hat und insofern den Ausführungen Interesse entgegenbringt. Rhetorische Stilmittel können Eindringlichkeit, Anschaulichkeit oder Spannung erzeugen und dabei helfen, die Aufmerksamkeit der Zuhörer für fachlich schwierige Zusammenhänge zu erreichen.

Hearing

Bei einem Hearing werden Fachleute vor einem Ausschuss mit Entscheidungsbefugnissen zu einem bestimmten Thema befragt. Die Fachleute haben lediglich Antwort zu geben.

  • Die unterschiedlichen Redner erhalten gleiche Redezeit.
  • Die Erklärungen müssen sachlich, knapp und exakt sein.
  • Rhetorische Leerformeln müssen vermieden werden.

Auf diese Art und Weise wird das Gremium, das berechtigt ist, die Fragen zu stellen, aus unterschiedlicher Sicht informiert und sollte anschließend zu einer Entscheidung fähig sein.

Referat

Das Referat ist eine mündliche Redeform, die besonders häufig in der Schule genutzt wird.
Man unterscheidet:

  • das informierende Referat
liefert umfassende und genaue Informationen über einen Sachverhalt; diese sollten sachlich zutreffend, adressatenbezogen und verständlich dargestellt werden.
  • das argumentierende Referat
hat die Aufgabe, die Ergebnisse zu entwickeln, statt sie darzustellen, und unterschiedliche Urteile bzw. Deutungen des Sachverhalts herauszuarbeiten; auch das eigene Urteil ist wichtig. Auch hier ist die Verständlichkeit oberstes Gebot, der Redner hat aber mehr Freiheit bei der Organisation des Stoffes; er nutzt häufiger rhetorische Mittel, um die Zuhörer für seine Sichtweise zu gewinnen.

In jedem Referat geht es um:

  • die Darstellung der fachlich-inhaltlichen Seite,
  • die richtige Vermittlung,
  • die äußere Präsentation.

Schlagworte

  • #Rhetorik
  • #Monolog