Darauf kommt es an
Für alle literarischen Texte (unabhängig davon, ob es sich um einen epischen, dramatischen oder lyrischen Text handelt) kann für den Arbeitsprozess der folgende Raster von Arbeitsschritten genutzt werden. Dieser muss allerdings für jede Textart, für jeden individuellen Text und für jede spezifische Aufgabenstellung angepasst bzw. entsprechend gefüllt werden. In besonderer Weise gilt dies für den Schritt 2, wo auf die besondere Eigenart des Textes einzugehen ist (was steht im Text?). So müssen zum Beispiel bei der Analyse/Interpretation eines literarisch-poetischen Textes der Textgattung Epik, Dramatik oder Lyrik die Merkmale der jeweiligen Textart berücksichtigt werden.
Arbeitsschritte
1. Schritt: Was hat mir der Text zu sagen?
- Aufgabenstellung klären: Wollen/ Sollen Sie den gesamten Text analysieren/ interpretieren oder nur bestimmte Aspekte bearbeiten?
- Text zunächst überfliegend lesen; erste Eindrücke festhalten; nach nochmaligem vertieften Lesen ersten Verstehensansatz (Deutungshypothese) festhalten.
2. Schritt: Was steht im Text?
Text durch ggf. wiederholtes und markierendes Lesen erschließen. Wichtig sind folgende Tätigkeiten: Unterstreichen bzw. markieren im Text, Auffälligkeiten am Rand mit Randzeichen markieren.
Den Text genau beschreiben:
- Worum geht es (Thema)? - Was passiert (knappe Inhaltsangabe)? Welche sprachlichen Auffälligkeiten gibt es, welche Funktion und Wirkung haben diese? Je nach literarischer Textart sind die spezifischen Besonderheiten zu beschreiben:
- epischer Text: z. B. Erzähler, Erzählformen, Figuren, Zeit
- dramatischer Text: z. B. Figuren, Figurenkonstellation, Dialog, Monolog
- lyrischer Text: z. B. lyrischer Sprecher, Vers, Strophe, Klanggestalt, sprachliche Bilder
3. Schritt: Welchen Sinn hat der Text?
- Welche Aussage macht er? Deutungshypothese (s. Schritt 1) überprüfen; aktuelle lebenspraktische Bedeutung des Textes erschließen; Deutung durch Kontextuierung (Biografie des Verfassers/Literaturgeschichte) absichern.
4. Schritt: Wie stelle ich meine Arbeitsergebnisse dar? → Schreibplan und Gliederung
- Das folgende Schema dient zur Orientierung. Ein für alle literarischen Textarten gültiges Schema kann es nicht geben. Je nach literarischer Textart und je nach spezieller Eigenart des einzelnen Textes ist im Hauptteil zu differenzieren.
- Einleitung
- Text situieren in Bezug auf Entstehungszusammenhang, Leben des Autors, zeithistorischen Hintergrund; danach ersten Eindruck des Textes formulieren; vorläufigen Deutungsansatz (Deutungshypothese) nennen
- Hauptteil
- a) Text beschreiben, z. B. Thema, Inhalt, Aufbau, Personen, literarische Textart, sprachlich-rhetorische Auffälligkeiten
- b) Aussage/Sinn/Bedeutung des Textes klären/Text deuten, z. B. inhaltliche und sprachliche Einzelheiten aufeinander beziehen, gegebenenfalls mehrere Deutungsmöglichkeiten nennen, die Kernaussage benennen, Deutung durch textexterne Einzelheiten (Verfasser, Entstehungszeit, literarische Epoche) absichern; in einem Rückbezug auf die Einleitung wird noch einmal auf die Deutungshypothese eingegangen und diese in begründeter Weise bestätigt, korrigiert, verändert oder verworfen.
- Schlussteil
- Fazit ziehen und das Ergebnis der Analyse/Interpretation auf den Punkt bringen
5. Schritt: Wie formuliere ich und wie überarbeite ich meine Analyse/ Interpretation?
- Wenn genügend Zeit zur Verfügung steht: Ergebnisse stichwortartig auf Konzeptpapier schreiben und anschließend ausformulieren; wenn wenig Zeit gegeben ist (in der Regel bei Klausuren) am besten sofort mit der Reinschrift beginnen, dabei Schreibplan/Gliederung nutzen sowie Markierungen und stichwortartige Notizen; Textnähe mithilfe von Zitaten belegen; sprachliche Konnektoren einbauen, z. B. zur Ergänzung/Reihung (außerdem, darüber hinaus, …), Erläuterung (und zwar, das heißt, nämlich), Hervorhebung (im Besonderen, ganz besonders); Leserhilfen einbauen (Ich fasse zusammen…, Ich komme jetzt zum nächsten Punkt …, Als Nächstes möchte ich …); auf unterschiedliche Deutungsmöglichkeiten hinweisen (Dies könnte man auch so sehen …, nicht auszuschließen ist auch, dass …; eine weitere Deutungsebene …).
- Den Text auf Sprachrichtigkeit und Ausdruck überprüfen:
- Zeit einplanen, um die Reinschrift gründlich auf Fehler durchsehen zu können (Häufige Fehler vermeiden)
- bei der Korrektur eine selbstkritische Haltung einnehmen; im Zweifelsfall anders formulieren
- zu lange Sätze vermeiden sowie unklare Bezüge und ungeschickte Wiederholungen
- keine Umgangssprache verwenden oder Ausdrücke, die es im Deutschen nicht gibt; hier hilft ein Blick ins Wörterbuch